Gesundheitspolitik:"Sehr viel weniger Patienten in den Hausarztpraxen"

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Bundesminister für Gesundheit Karl Lauterbach (SPD) will für Hausärzte Budget-Obergrenzen bei der Vergütung durch die Kassen aufheben. (Foto: Hannes P. Albert/DPA)

Gesundheitsminister Lauterbach will Hausärzten größere finanzielle Freiräume geben, damit sie Kranke schneller und besser versorgen können. Nicht alle sind mit seinem Plan zufrieden.

Die geplante Reform für die Arztpraxen wird nach den Worten von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach die Krankenkassenbeiträge nicht in die Höhe treiben. "Für diese Maßnahme wird der Beitragssatz nicht steigen. Die Kosten sind nicht so hoch", sagte der SPD-Politiker am Mittwoch dem Rundfunksender WDR 5.

Die zum Jahresbeginn von den gesetzlichen Krankenkassen angekündigten Beitragserhöhungen beinhalteten "minimale Erhöhungen für eine bessere Medizin", sagte Lauterbach. Mit der Reform im vergangenen Jahr seien fast 17 Milliarden Euro Defizit ausgeglichen worden. "Somit ist das System mehr oder weniger jetzt in ein Gleichgewicht gekommen. Die Beitragssätze werden nicht mehr stark steigen", versicherte der Minister.

Auch der bürokratische Aufwand soll sich für Hausarztpraxen verringern

In Hausarztpraxen sollen Patienten künftig schneller und besser versorgt werden. Erreichen will der Bundesgesundheitsminister das, indem sein Ministerium Bürokratie abbaut und "falsche Anreize bei der Finanzierung" abschafft, wie er am Dienstag nach einem Treffen mit Spitzenvertretern der Ärzteschaft in Berlin ankündigte.

Nach Lauterbachs Plänen sollen Hausärztinnen und Hausärzte mehr finanzielle Freiräume bekommen, um Wartezeiten und Engpässe zu vermeiden. Konkret sollen für sie - wie schon für Kinderärzte - Budgets mit Obergrenzen bei der Vergütung durch die Kassen aufgehoben werden. Dies soll dazu führen, dass alle in den Praxen erbrachten Leistungen bezahlt werden.

Durch die Umstellung der Vergütungspraxis für die Hausärzte will Lauterbach auch erreichen, dass etwa chronisch kranke Patienten nicht mehr nur deswegen quartalsweise einbestellt werden, damit Ärzte eine Pauschale für sie bekommen. Zudem sollen Patienten auch telefonisch ein Rezept verlängern oder eine Krankschreibung besorgen können. "Wir werden sehr viel weniger Patienten in den Hausarztpraxen sehen", sagte Lauterbach.

Da der Minister den Honorardeckel bei den weiteren Facharzt-Gruppen nicht aufheben will, hatte sich bereits der Vorsitzende des Virchowbundes, Dirk Heinrich, unzufrieden mit den Vorschlägen gezeigt und weitere Ärzteproteste angekündigt. Bei den Fachärzten sei die Situation etwas besser als bei den Hausärzten, sagte Lauterbach. "Da sind wir, Gott sei Dank, noch relativ gut ausgestattet."

Patientenvertretern fehlt eine Qualitätskontrolle

Die Entbürokratisierung und der Arzneimittelregress würden aber auch für Fachärzte sofort angegangen. Somit müssten diese künftig nicht mehr dafür haften, wenn sie teure Medikamente verschreiben, die von der Krankenkasse als unwirtschaftlich betrachtet werden. "Eine Neiddebatte brauchen wir nicht", betonte Lauterbach.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz hatte bereits vor dem Treffen betont, die Entbudgetierung allein sei keine Zauberformel für alle Probleme. "Patientinnen und Patienten brauchen vor allem eine verlässliche und gute ambulante medizinische Versorgung", sagte Vorstand Eugen Brysch. Bisher fehle eine Qualitätskontrolle. Ärzte hätten nichts davon, wenn sie sich stark engagierten. So würden auch überdurchschnittlich viele Hausbesuche gedeckelt.

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