Es ist ja nicht so, als wären das Bundesjustizministerium und dessen Chefin Christine Lambrecht (SPD) bisher für radikale Beschlüsse bekannt. Aber ihr Gesetzentwurf zum neuen Sanierungs- und Insolvenzrecht sorgt zumindest für Aufruhr - nicht etwa wegen des Inhalts, sondern allein wegen seiner Form.
Es reichte völlig aus, dass ihr Ministerium den Referentenentwurf des Gesetzes komplett im generischen Femininum verfasst hatte. Und im von Horst Seehofer geführten Bundesinnenministerium braucht es offensichtlich nicht mehr, um Ärger zu provozieren. So hat es zumindest den Anschein.
Statt wie üblich in der männlichen Form etwa "Geschäftsführer", "Verbraucher" oder "Schuldner" zu schreiben, heißt es in dem Entwurf durchweg "Geschäftsführerin", "Verbraucherin" und "Schuldnerin". Während Feministinnen und Feministen überall in Deutschland die Justizministerin dafür feiern dürften, hat das Innenministerium dem Referentenentwurf aus Lambrechts Haus widersprochen. Man wolle, heißt es, dass dieser sprachlich angepasst werde.

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Das bedeutet: Der Text soll im generischen Maskulinum stehen. Für alle, die dem Ministerium nun aber misogyne Tendenzen unterstellen, und in Richtung "alte, weiße Männer" schimpfen wollen, stellt Ministeriumssprecher Steve Alter am Montag klar: "Das gilt völlig unabhängig davon, ob ein bestimmter gesellschaftlicher Zustand erwünscht ist."
Das Problem liege ganz anders: "Nach Ansicht des Verfassungsministeriums hat das bei formaler Betrachtung zur Folge, dass das Gesetz möglicherweise nur für Frauen oder Menschen weiblichen Geschlechts gilt, und damit möglicherweise verfassungswidrig ist." Das generische Femininum sei nun mal sprachwissenschaftlich nicht anerkannt, so der Sprecher.
Aus dem Justizministerium dazu nur so viel: Die Arbeiten am Entwurf seien nicht abgeschlossen, die Sprach- und Rechtsprüfung laufe noch, sagt eine Sprecherin. Ob jetzt auch andere Ministerien zum generischen Femininum wechseln? "Das sehe ich nicht", sagt Regierungssprecher Steffen Seibert. Das war wohl auch nicht zu erwarten, bei einer Bundeskanzlerin, die sich selbst nicht als Feministin sieht.