Friedensverhandlungen in Nahost:Ende des kalten Schweigens

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Israelis und Palästinenser reden wieder miteinander - allein das gilt schon als Erfolg. Echte Ergebnisse aber sind schwer zu erzielen, wenn jeder Kompromiss als Verrat gilt.

Peter Münch

Der Gärtner kann schon mal den Rasen trimmen vor dem Weißen Haus, denn ein Festakt kündigt sich an: Anfang September will US-Präsident Barack Obama hier den Beginn neuer Nahost-Verhandlungen feierlich begehen. Zwanzig Monate lang währte das kalte Schweigen; nun sollen Israels Premierminister Benjamin Netanjahu und Palästinenserpräsident Machmud Abbas endlich wieder Anlauf nehmen, um zu einem Friedensvertrag und zur Gründung eines Palästinenser-Staates zu finden. Zweifellos ist dies ein Erfolg der zähen amerikanischen Diplomatie. Aber gibt es darüber hinaus tatsächlich schon etwas zu feiern?

Vor zwei Jahren trafen sich Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu (links) und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas (rechts) mit US-Präsident Barack Obama beim Nahost-Dreiergipfel in New York. Jetzt soll es wieder direkte Verhandlungen geben. (Foto: dpa)

Es ist von entlarvender Symbolik, dass nun schon der Beginn der Gespräche in einer Art angekündigt und zelebriert wird, wie dies früher dem Abschluss von Friedensverträgen vorbehalten war. Das liegt vor allem daran, dass den Verhandlungen fast aberwitzige Vorverhandlungen vorausgehen mussten: indirekte Gespräche, Pendeldiplomatie, endlose Telefonkonferenzen und die Einschaltung aller greifbaren Vermittler von Amman über Kairo bis nach Riad - die Obama-Administration sowie das hochmögende Nahost-Quartett aus UN, EU, Russland und USA mussten viel Kraft und Phantasie aufbringen, um eine Brücke zu bauen für die störrischen Kontrahenten in Jerusalem und Ramallah. Dass sie dies nun geschafft haben, ist ein kleiner Hoffnungsschimmer. Mehr nicht.

Alles ist längst gelant

Dabei ist das Problem nicht das Ziel, sondern der Weg. Das Ziel nämlich ist zu Beginn der neuen Verhandlungen klar zu sehen, der Weg dorthin jedoch von Geröll verschüttet. Alle sind sich einig, dass ein Palästinenser-Staat gegründet werden muss; es ist unstrittig, dass es dabei entlang der Grenzlinie von 1967 zu einem Gebietsaustausch kommen muss; große Siedlungsblöcke würden dann Israel zugeschlagen, die anderen Siedlungen müssten geräumt werden.

Mit gutem Willen und Kreativität sind schließlich auch knifflige Fragen wie das Rückkehrrecht der Palästinenser und der Status von Jerusalem lösbar. Es bräuchte nicht einmal ganz neue, geniale Vorschläge, denn alles ist längst geplant, aufgeschrieben und vermessen in diesem Konflikt, der seit Jahrzehnten die Welt beschäftigt.

Obama könnte den Kontrahenten also eigentlich schon zur Eröffnung der Verhandlungen einen ausgewogenen, unterschriftsreifen Friedensvertrag hinlegen und sich eiligst seinen Nobelpreis im Nachhinein verdienen - wenn da nicht so viele Hindernisse auf dem Weg aufgetürmt worden wären.

Zu Hause sind Kompromisse schwer zu verkaufen

Denn selbst wenn sich Israelis und Palästinenser zum Ziel der Verhandlungen bekennen, fällt es ihnen über alle Maßen schwer, die dafür nötigen Kompromisse einzugehen - und vor allem zu Hause zu verkaufen.

Netanjahu fürchtet den Bruch seiner rechten Regierungskoalition, die ihm für jeden Stein, den er wegräumen könnte, einen neuen Brocken hinlegen wird. Das dürfte sich schon sehr bald zeigen, wenn Ende September der israelische Siedlungsbaustopp ausläuft. Schlimmstenfalls könnten die Gespräche dann schon wieder ein Ende finden. Abbas auf der anderen Seite ist nicht nur ein Präsident ohne Staat und ohne Legitimation, weil seine Amtszeit längst abgelaufen ist. Er steht auch unter dem Druck der Hamas, die ihm jede Nachgiebigkeit als Verrat auslegt.

In dieser Lage ist eine aktive, antreibende Rolle der USA vonnöten. Obama scheint diese Rolle annehmen zu wollen, sonst würde er nun nicht nach Washington einladen. Alternativ war über einen Verhandlungsstart in Ägypten nachgedacht worden, dem lediglich Außenministerin Hillary Clinton beigewohnt hätte. So aber wirft Obama sein ganzes Gewicht als Präsident in die Waagschale und muss Verantwortung übernehmen für Erfolg oder auch Misserfolg der Gespräche. Die Gefahr ist groß, dass er scheitert. Ein paar Tipps könnte er sich vom Gärtner holen. Der weiß, dass man einen schönen Rasen nicht nur düngen, sondern bisweilen kräftig jäten muss.

© SZ vom 21.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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