Im Südwesten Frankreichs, nicht weit entfernt von Toulouse, blockieren Bauern seit fünf Tagen mit ihren Traktoren die Autobahn A64. Sehr aufgebracht, sehr entschlossen. Die Bilder ihres Protests beherrschen die französischen Medien. Ihr Anliegen: Eine Krankheit, die aus Spanien kommt, hat das Vieh befallen, das sie züchten. Sie fürchten um ihre Existenz, sollte der Staat nicht schnell helfen und einen Teil der Impfkosten und des Verdienstausfalls übernehmen. Ein lokales Problem, noch jedenfalls.
Doch der Zorn der Bauern breitet sich gerade überall im Land aus, wie getriggert von der Blockade im Süden und von den Aufständen in anderen Ländern Europas, vorab in Deutschland. Es geht ihnen nicht nur um die Dieselpreise. Oder um den Green Deal der EU, von dem sie denken, er verlange ihnen zu viel ab. Oder um den Zugang zum Wasser, der mit dem Klimawandel immer prekärer wird. Oder um den Einbruch der Einkünfte, nun, da die Weizenpreise sinken. Es geht ihnen um all das und noch mehr: Unter Frankreichs rund 500 000 Bauern, einem stolzen Berufsstand, herrscht der diffuse Eindruck vor, man werde abgehängt, man genieße nicht mehr die übliche Achtung.
Die extreme Rechte strebt an die Spitze des Protests
In Paris schauen sie mit viel Sorge auf die Entwicklung. Es gibt sogar Stimmen, die vor einer Neuauflage einer Bewegung warnen, wie sie Frankreich vor fünf Jahren mit den Gilets jaunes erlebt hatte, mit den Gelbwesten. Ob man sie wohl Grünwesten, Gilets verts, nennen würde, fragt Libération. Wahrscheinlich ist die Sorge übertrieben, doch niemand mag den Zorn mutwillig unterschätzen. Die neue Regierung von Premier Gabriel Attal ist noch keine zwei Wochen im Amt, und schon droht ihr eine erste große Krise, in einem politisch heiklen Moment.
In einem Monat, am 24. Februar, beginnt der Salon de l'Agriculture, die Landwirtschaftsmesse, die in Frankreich immer ein hochpolitischer Termin ist - ein Gradmesser für das allgemeine Befinden auf dem Land. In fünf Monaten finden dann die Europawahlen statt, vor denen sich das Regierungslager von Präsident Emmanuel Macron regelrecht fürchtet, seit alle Umfragen einen Sieg der extremen Rechten von Marine Le Pens Rassemblement National voraussagen. Deren Vorsitzender und Spitzenkandidat, Jordan Bardella, ermunterte die Bauern nun auch dazu, ihren Protest auszuweiten gegen das, was er "Macrons Europa" nennt.
Premier Attal beeilte sich am Wochenende, die Bauern im Land zu besänftigen und sie möglichst dem Zugriff der extremen Rechten zu entziehen. Die Landwirtschaft, sagte er, sei eine "absolut zentrale Angelegenheit" seiner Regierung. Schließlich habe Frankreich die "qualitativ beste Landwirtschaft der Welt". Er lud die Präsidenten der größten Bauerngewerkschaften zu sich ins Hôtel Matignon.
Das neue Gesetz? Vorerst vertagt
Dann kam Bruno Le Maire, Frankreichs Wirtschaftsminister, und sagte, die Bauern hätten recht, wenn sie unzufrieden seien, sie sollten keineswegs lockerlassen. Es war, als lieferten sich Regierung und Opposition, je aus unterschiedlichen Gründen, ein Rennen darum, wer die Lobby der Bauern sein darf: In der Regel hat die Opposition in solchen Fällen die besseren Chancen.
Konkret wurde bisher aber nur Landwirtschaftsminister Marc Fesneau. Am Mittwoch hätte er das neue Landwirtschaftsgesetz ins Parlament tragen sollen, es stand schon fix in der Agenda. Doch unter dem Eindruck des Protests hat Fesneau den Termin nun vertagt, wahrscheinlich für einen Monat. Einige Punkte sollen überarbeitet werden. Vor allem sollen bürokratische Auflagen abgebaut werden - ein Thema, das alle Bauern bewegt.
Fesneau versprach ihnen nun, Frankreich werde in Zukunft die strengen Normen aus der EU nicht mehr einfach eins zu eins übernehmen. Auch das ist ein alter Punkt: Die französischen Bauern klagen schon lange, ihre Regierungen seien übereifrig bei der Umsetzung europäischer Regeln, während es andere Länder angeblich lockerer nähmen. Und das benachteilige sie im Wettbewerb mit der Konkurrenz.