Finanznot:Bundeswehr bangt um ihre Kampfkraft

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Hubschrauber NH90 der Bundeswehr: bedingt einsatzbereit (Foto: dpa)
  • Einem internen Dokument zufolge kann die Bundeswehr in ihrer derzeit geplanten Form nicht ohne Anstieg des Wehretats finanziert werden.
  • Die Planer stellen Teile der Bundeswehrreform für den Fall in Frage, dass ihnen künftig nicht mehr Geld zur Verfügung steht.
  • Allein für den Materialerhalt braucht die Armee dem Bericht zufolge mindestens jährlich 200 Millionen Euro mehr.

Von Christoph Hickmann, Berlin

Die Bundeswehr hat nach Einschätzung ihrer eigenen Planer ein gewaltiges Finanzproblem. Einem internen Dokument zufolge kann die Armee in ihrer derzeit geplanten Form nicht ohne Anstieg des Wehretats finanziert werden. Die Planer stellen daher Teile der Bundeswehrreform für den Fall infrage, dass ihnen künftig nicht mehr Geld zur Verfügung steht. Das geht aus dem "Planungsvorschlag 2016" hervor, der im Planungsamt der Bundeswehr erstellt wird und dem Verteidigungsministerium als Basis dient, um den Finanzbedarf der nächsten Jahre zu ermitteln. Er liegt der Süddeutschen Zeitung vor.

Der derzeit aus den Leitlinien zur Neuausrichtung der Bundeswehr "abzuleitende Ausrüstungs-Bedarf" sei "im Planungszeitraum nicht mit finanziellen Mitteln hinterlegt", heißt es in dem Dokument. Sollte es "in der mittelfristigen Perspektive" keine "angemessene Erhöhung" der für Beschaffung und Betrieb vorgesehenen Haushaltsmittel geben, sei eine "Präzisierung der Zielvorgaben" unvermeidlich. Damit werden indirekt die Vorgaben der laufenden Reform zur Disposition gestellt.

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Erhalt militärischer Kernfähigkeiten gefährdet

In den vergangenen Wochen war offenbar geworden, dass sich das Material der Bundeswehr in teilweise marodem Zustand befindet. Zum Thema Materialerhaltung heißt es nun im Planungsvorschlag, dieser könne "den laufenden Betrieb der Bundeswehr mit teilweise bereits in erheblichem Umfang prognostizierten Einschränkungen nur kurzfristig knapp sicherstellen" - und auch dies nur für den Fall, dass keine unerwarteten Umstände einträten.

Es handele sich wie in den vergangenen Jahren um "eine Ausplanung am absoluten Minimum". Bei "unverändertem Finanzrahmen" sei die Notwendigkeit absehbar, "zukünftig auch in Strukturen eingreifen zu müssen". Für den Materialerhalt brauche man mindestens etwa 200 Millionen Euro jährlich mehr. Falls man dieses Geld nicht bekomme, müsse man die "Aufgabe von einzelnen Fähigkeiten oder Fähigkeitskomponenten" erwägen. Somit wäre ein wesentliches Ziel der Neuausrichtung hinfällig, demzufolge die Bundeswehr auch künftig sämtliche militärischen Kernfähigkeiten beherrschen soll, statt sich auf einzelne zu spezialisieren.

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Teures Attraktivitätsgesetz

In dem Dokument, aus dem in der vergangenen Woche bereits die Bild-Zeitung zitiert hatte, wird zudem auf die finanziellen Auswirkungen des kürzlich von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) vorgestellten Attraktivitätsgesetzes hingewiesen: Hätte man im Planungsvorschlag Geld für das Maßnahmenpaket eingeplant, hätte man demnach "alle geplanten Neuvorhaben bei den militärischen Beschaffungen in 2016" streichen müssen.

Teilweise noch drastischer sind die Stellungnahmen der Teilstreitkräfte zum Planungsvorschlag formuliert. So schreibt das Kommando Luftwaffe zum Vorschlag, die Flugstunden der Eurofighter-Flotte um 5870 Stunden zu reduzieren, dies "zöge massive Auswirkungen auf die Einsatzbereitschaft sowie Aufgabenerfüllung" nach sich. Zudem drohe bereits kurzfristig ein "Expertiseverlust". Im Verteidigungsministerium hieß es auf Anfrage, es handele sich bei dem Planungsvorschlag nicht um ein ministerielles Dokument.

© SZ vom 03.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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Ohne eine Erhöhung des Wehretats sei die Bundeswehr in der geplanten Form nicht finanzierbar, heißt es in einem internen Dokument. Man plane bereits am "absoluten Minimum". Auch von der Leyens vorgesehenes Attraktivitätsgesetz ist betroffen.

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