Fidel Castro:Was Fidel Castros Tod für Kuba bedeutet

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  • Selbst wenn er einmal nicht mehr lebe - "die Ideen der kubanischen Kommunisten werden bleiben", sagte Fidel Castro bei einer Rede im April.
  • Ob das so ist, ist keineswegs sicher. Auch Fidels Bruder, Präsident Raúl Castro ist bereits 85. Die besten Chancen hat dessen Stellvertreter Miguel Diáz-Canel.
  • Das kubanische System basiert auf dem Charisma und der Redegewandtheit Castros. Ob es auch ohne diesen Mythos überleben kann, wird man sehen.

Analyse von Benedikt Peters

Sein Tod kam nicht überraschend. Im April dieses Jahres spricht Fidel Castro auf dem Podium des siebten Kongresses der Kommunistischen Partei Kubas, mit zittrigen Händen und brüchiger Stimme: "Irgendwann einmal sind wir alle an der Reihe. Das ist wohl eines der letzten Male, dass ich in diesem Saal spreche", sagt der Revolutionsführer. Einige der anwesenden Parteimitglieder kämpfen mit den Tränen. Und dann fügt Castro noch trotzig hinzu: "Aber die Ideen der kubanischen Kommunisten werden bleiben."

Ob das stimmt, ist nun, nachdem der Revolutionsführer im Alter von 90 Jahren tatsächlich gestorben ist, keineswegs sicher. Zwar hat sich die kubanische Regierung um Präsident Raúl Castro seit Jahren auf diesen Tag vorbereitet. Angesichts des hohen Alters und seiner zunehmenden Schwäche in den letzten Jahren war damit zu rechnen.

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Exil-Kubaner feiern, lateinamerikanische Regierungschefs preisen den verstorbenen Comandante. Auch Donald Trump meldet sich zu Wort - zunächst mit einem sonderbaren Tweet.

Schon lange liegen Pläne dafür in der Schublade, wie Partei und Regierung auf die Todesnachricht zu reagieren haben, und es gibt Spekulationen darüber, wer Kuba künftig führen könnte. Raúl Castro, der die Macht seit 2006 nach und nach von seinem Bruder übernommen hat, ist schließlich auch schon 85 Jahre alt. Die besten Chancen hat dessen Stellvertreter Miguel Diáz-Canel. Aber auch der Außenminister Bruno Rodriguez gilt als Kandidat - und Überraschungen sind ebenfalls nicht ausgeschlossen.

Trotz aller Vorbereitungen aber trifft der Tod Fidels die sozialistische Insel bis ins Mark. Er ist weit mehr als nur von symbolischer Bedeutung. Die rhetorischen Fähigkeiten und das Charisma des Revolutionsführers gelten als Gründe, dass das sozialistische System Kubas nach dem Untergang der Sowjetunion nicht ebenfalls zusammengebrochen ist.

Anfang der 1990er Jahre ist Kuba zwar in eine wirtschaftliche Krise geschlittert, von der es sich bis heute noch immer nicht vollständig erholt hat. Mit unzähligen Reden und öffentlichen Auftritten ist es Fidel Castro damals aber dennoch gelungen, viele Kubaner davon zu überzeugen, dass es ihnen mit ihm als Machthaber besser geht als ohne ihn. Bei allen anderen halfen die Repressionen des Staatsapparats.

Wegen seines Charismas hält die kubanische Regierung Fidel bis heute in der Öffentlichkeit präsent. An öffentlichen Plätzen und in Behördengebäuden finden sich Bilder von ihm. Sein Konterfei ziert die Titelseite der täglich erscheinenden Staatszeitung Granma, der auflagenstärksten des Landes.

Das Staatsfernsehen sendet nahezu ununterbrochen Dokumentationen über sein Leben. Auch in den Schulen und Universitäten des Landes wird diese Erzählung verbreitet: Fidel ist derjenige, der Kuba aus der Einflusssphäre der USA befreit hat, der das Land mit kostenlosen Schulen und Krankenhäusern ausgestattet hat, der dafür gesorgt hat, dass alle Kubaner etwas zu essen haben.

Diese Fabel, die zumindest zum Teil der Wahrheit entspricht, ist von enormer Wichtigkeit für die kubanische Regierung, gerade jetzt, wo sie aus wirtschaftlicher Notwendigkeit nach und nach kapitalistische Reformen durchführt und wieder diplomatische Beziehungen zum einstigen Erzfeind USA aufgenommen hat.

Fidel, letzter Gegenpol zum Wandel

Längst nicht alle Kubaner sind glücklich über diese Entwicklung, für die sie vor allem Staatschef Raúl Castro verantwortlich machen. Dies gilt sowohl für ganz gewöhnliche Kubaner als auch für Teile der Eliten in Politik und Militär.

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Da war sich Fidel Castro sicher. Für seine Gegner war er ein Gefängniswärter, seine Anhänger feierten ihn als Helden. Nun hat der kubanische Revolutionsführer die Bühne verlassen, die er jahrzehntelang beherrscht hatte.

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Fidel hat als Gegenpol zu dieser Entwicklung gedient. In kritischen Texten seiner Zeitungskolumne Reflexiones und in offenen Briefen hat er dazu aufgerufen, die Annäherung an die USA kritisch zu begleiten. "Niemand soll sich einbilden, dass das Volk dieses noblen Landes jetzt seinen Ruhm und seine Rechte aufgeben wird, und auch nicht die geistige Reichhaltigkeit, die es mit der Entwicklung von Bildung, Wissenschaft und Kultur geschaffen hat", schrieb Fidel etwa in einem offenen Brief an Barack Obama.

Dies war als Signal an alle Kubaner gedacht: Macht euch keine Sorgen, unsere Ideale geben wir nicht auf. Das Problem daran ist nur, dass derjenige, der diese Ideale wie kein anderer verkörpert, nun gestorben ist. Nach der Nachricht von Fidels Tod ist die Internetseite der kubanischen Staatszeitung Granma für Stunden nicht erreichbar. Es wirkt, als müsse sich die kubanische Regierung erst einmal sammeln.

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