Kuba:Was nach der Ära Castro kommt

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Bald in der Rumpelkammer der Geschichte? Stillleben in einer Ecke Havannas mit einem Bildnis Fidel Castros als junger Mann. (Foto: Alexandre Meneghini/Reuters)

Fidel Castro hat öffentlich von seinem Tod gesprochen, sein Bruder Raúl will in zwei Jahren als Staatschef abtreten. Ein möglicher Nachfolger wartet schon.

Von Benedikt Peters, München

Der kürzlich zu Ende gegangene siebte Kongress der Kommunistischen Partei Kubas (PCC) wird als die Bühne in Erinnerung bleiben, auf der der Revolutionsführer von seinem Tod sprach. "Ich werde bald 90 Jahre alt", sagte Fidel Castro, die Stimme brüchig, die Hände zittrig. "Das ist wohl eines der letzten Male, an dem ich in diesem Saal spreche."

Einige der anwesenden kommunistischen Kader, so zeigt es zumindest das Staatsfernsehen, kämpften mit den Tränen. In Kuba beginnt der Epochenwechsel. Fidels Bruder Raúl, der derzeitige Präsident, wird dieses Jahr 85. 2018 will er abtreten.

Der potenzielle Nachfolger

Der Mann, der die besten Chancen hat, den Wandel zu gestalten, heißt Miguel Mario Díaz-Canel Bermúdez. Mit 56 Jahren ist er für die Verhältnisse der kubanischen Politik fast ein Jungspund. Als Fidel Castro mit seinen Rebellen in der Sierra Maestra auf der Lauer lag, war er noch nicht geboren.

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Als designierter Nachfolger des derzeitigen Präsidenten Raúl Castro gilt Díaz-Canel seit 2013. Damals wurde er zweiter Vorsitzender des Staats- und des Ministerrats, also der Regierung - und damit offiziell zu Raúl Castros Stellvertreter.

Kuba schwankt derzeit zwischen kapitalistischer Öffnung und Bewahrung des Sozialismus, zwischen antiimperialistischer Tradition und Annäherung an die USA. Gelobt wird Diáz-Canel einerseits - von Raúl Castro persönlich - für seine "hervorragende ideologische Festigkeit". Als Vorstandsmitglied der kommunistischen Jugendorganisation war er für die Ideologie zuständig, er arbeitete als Hochschuldozent und beim Militär.

Andererseits gilt der studierte Elektroingenieur als überzeugter Modernisierer, der von manchen Parteikadern kritisch beäugt wird. Er unterstützt die unter Raúl Castro begonnenen, kapitalistischen Reformen.

Das Internet, das die kubanische Regierung noch immer stark einschränkt, lobt Diáz-Canel als Mittel, mit dem die Menschen "ihr ganzes Potenzial ausschöpfen und ihre Lebensqualität verbessern" könnten. Er kritisiert die "verkrusteten Strukturen" des kubanischen Staates. Für manche Führungskader muss das wie ein Angriff klingen.

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Und zu allem Überfluss soll er angeblich auch noch die Rolling Stones mögen, die unlängst ihr erstes Konzert in Havanna gaben. Englischsprachige Musik war in Kuba lange verpönt.

Von der Nachfolge-Frage hängt die Stabilität des Systems ab

Für die Castros geht es darum, in der Nachfolge-Frage zwei gegensätzliche Lager miteinander zu versöhnen. Davon hängt nach ihrem Abgang die Stabilität des Systems ab. Das eine, derzeit von Raúl repräsentierte Lager ist für die Wirtschaftsreformen und die Annäherung an die USA. Das andere, verkörpert von Fidel, sieht diese Entwicklungen skeptisch und will die alten kommunistischen Ideale bewahren.

Dass sich die Macht von 2018 an ganz auf den Reformer Díaz-Canel konzentrieren wird, ist daher unwahrscheinlich. Als mögliches Szenario gilt, dass der aus Santa Clara stammende Funktionär zwar das Amt des Regierungschefs bekommen wird, nicht aber das des Generalsekretärs der Partei. Dieser Aufstieg wurde ihm auch auf dem siebten Parteikongress verwehrt.

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Der Politikwissenschaftler und Kuba-Experte Bert Hoffmann hält es daher für plausibel, dass Kuba nach Raúls Rücktritt von einer Art Doppelspitze regiert wird. "Es ist gut möglich, dass Díaz-Canel 2018 tatsächlich Staatschef wird und jemand anderes die Führung der Partei übernimmt", sagt Hoffmann. "Diese beiden Köpfe ließen sich dann von Machtgruppen hinter den Kulissen - allen voran dem Militär - gegeneinander ausspielen, damit niemand wieder so mächtig wird wie die Castros."

Als mögliches Gegengewicht zum Reformer Díaz-Canel stünde etwa Bruno Rodríguez bereit. Der Außenminister gilt als linientreu - was sich daran zeigt, dass er beim Annäherungsprozess an die USA zumindest rhetorisch immer wieder kräftig auf die Bremse tritt.

© SZ vom 26.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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