Bundesregierung:Die Mallorca-Falle

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Strand, Meer, Wärme: Auch für viele Berufspolitiker ist Mallorca ein attraktives Urlaubsziel. (Foto: John-Patrick Morarescu/imago images/ZUMA Wire)

Immer wieder geraten Politikerinnen und Politiker wegen ihrer Urlaubsreisen in die Kritik. Oft deswegen, weil sie dafür den falschen Zeitpunkt wählen. Aber gibt es in der Politik überhaupt einen richtigen?

Von Nicolas Richter, Berlin

Im Ausland wundert man sich zuweilen darüber, wegen welcher Verfehlungen deutsche Politiker in die Kritik geraten: Manchmal genügen schon sorglos gesetzte Fußnoten, oder, fast noch heikler, eine Reise im falschen Augenblick. Neuestes Ziel der Urlaubshäme ist Innenministerin Nancy Faeser (SPD), die jüngst auf Mallorca war, um mit ihrem achtjährigen Sohn einen Teil seiner Herbstferien zu verbringen. Die Bild-Zeitung zeigt sie jetzt mit einem Stapel Handtücher und der Schlagzeile: "Deutschland geht den Bach runter, Faeser geht baden."

Das Boulevardblatt ist erfahren mit Geschichten dieser Art. Im Herbst 2015 traf es den damaligen Innenminister Thomas de Maizière (CDU): Während Deutschland "mitten im Flüchtlings-Chaos" steckte, erholte er sich auf Mallorca. Das sei "instinktlos", kommentierte die Zeitung. Dabei war bekannt, dass de Maizière eine Grippe auskurieren wollte.

De Maizière erholte sich sowohl von der Grippe als auch vom Boulevard, anderen wurden Mallorca-Urlaube jedoch zum Verhängnis. Im Jahr 2002 flog Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) aus dem Kabinett, weil er sich zuvor unter anderem mit der "Mallorca-Affäre" zum Gespött gemacht hatte: Während die Bundeswehr den Kosovo zu befrieden versuchte, ließ sich Scharping in übersteigerter Eitelkeit von der Bunten beim Planschen mit seiner Freundin fotografieren.

Rund 20 Jahre später verlor auch Familienministerin Anne Spiegel (Grüne) ihren Job: Sie hatte sich in ihrem früheren Amt als Umweltministerin in Rheinland-Pfalz nach Ansicht von Kritikern zu wenig um die Opfer der Flut im Ahrtal gekümmert und war kurz nach der Katastrophe in einen mehrwöchigen Urlaub aufgebrochen. Spiegel versuchte dies noch damit zu rechtfertigen, ihr Mann sei erkrankt und die Familie unter anderem wegen Corona belastet. Weil Spiegel aber mehrmals den Eindruck erweckte, nicht die Wahrheit zu sagen, musste sie letztlich gehen. Etwa zur selben Zeit musste auch NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) wegen einer "Mallorca-Affäre" zurücktreten; auch sie war nach der Hochwasser-Katastrophe verreist.

Vor ihrem Urlaub hatte Nancy Faeser versucht, ihre Aufgaben als Innenministerin und einen Wahlkampf in Hessen unter einen Hut zu bekommen. (Foto: Andreas Arnold/dpa)

Ist es nun anstößig, wenn die Innenministerin mal in Mallorca ausspannt - und gibt es dafür überhaupt einen richtigen Moment? Faeser hat in jüngster Zeit gewiss nicht glücklich agiert. Sie musste sich dafür entschuldigen, dass sie dem Innenausschuss fernblieb, als der sie befragen wollte. Allgemein schien ihr Wahlkampf in Hessen ihre Aufgaben als Innenministerin zu beeinträchtigen. Und sie ist nun mehr denn je auch als öffentliche Figur gefragt, da das Thema Migration so viele Menschen beschäftigt und es zu Gewalt bei propalästinensischen Demonstrationen sowie zu Angriffen auf jüdische Einrichtungen kommt.

Aber gerade wegen all dieser Belastungen könnte es ja sein, dass selbst Spitzenpolitiker mal eine Pause brauchen für sich und die Familie. Die deutschen Pool-Affären offenbaren also echte Scharping'sche Fehltritte, manchmal aber auch nur die Häme jener, die selbst gerne in den Urlaub fahren, ihn aber anderen nicht gönnen. Faeser jedenfalls wird an diesem Mittwoch im Kabinett erwartet, um neue Regeln für schnellere Abschiebungen vorzustellen.

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