Ukraine-Krieg:Russische Gelder für Kiew

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Zum letzten Mal hatte die EZB im Jahr 2004 einen Verlust verzeichnet. (Foto: Andreas Arnold/dpa)

Die EU legt die rechtliche Basis dafür, eingefrorene Vermögen aus Russland für die Ukraine zu nutzen. Eine Beschlagnahmung bleibt dagegen umstritten - aber es gibt noch eine andere Idee.

Von Jan Diesteldorf, Brüssel

Die Regierung in Kiew kann noch hoffen: Vielleicht überweist man ihr irgendwann wirklich Geld, das dem russischen Regime gehört. Vielleicht finden die G-7- und die EU-Staaten noch einen Weg, wie sich die vielen Milliarden Euro an Vermögen der russischen Zentralbank, die eingefroren auf europäischen Konten liegen, ohne zu große Nebenwirkungen zugunsten der Ukraine mobilisieren lassen. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg, seit diesem Montag aber ist die Europäische Union einen entscheidenden Schritt weiter.

Der Rat der Mitgliedstaaten hat ein Gesetz beschlossen, das eine Grundlage schafft für die spätere Verwendung russischen Staatsvermögens. Es verpflichtet die Besitzer der sanktionierten Mittel, auch ihre Erträge einzufrieren, die sie mit dem Geld erwirtschaften. Nach Kriegsbeginn hatte die westliche Allianz etwa 260 Milliarden Euro an Vermögen der Moskauer Notenbank arretiert. Ungefähr 200 Milliarden davon befinden sich innerhalb der Europäischen Union. Einen Großteil wiederum beherbergt der belgische Finanzkonzern Euroclear mit Sitz in Brüssel. In der Zwischenzeit bringt dieses Geld Zinsgewinne in Milliardenhöhe ein.

Frankreich und Deutschland befürchten einen Präzedenzfall

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte bereits Ende 2022 Forderungen aus Kiew aufgegriffen, das Vermögen zugunsten der Ukraine zu beschlagnahmen. Damit ließe sich Russland noch während des Krieges zwingen, für den Wiederaufbau des Landes aufzukommen. Von der Leyen wertet das auch als wichtiges Signal an Europas Steuerzahler, mit deren Geld die EU bislang große Teile ihrer Ukraine-Hilfen stemmt.

Mehrere Mitgliedstaaten, darunter Frankreich und Deutschland, lehnen das Ansinnen allerdings ab. Sie befürchten einen Präzedenzfall, mit dem die EU das Prinzip der Staatensouveränität untergrübe. Denn sanktioniertes Vermögen unterliegt nur einem vorübergehenden Bewegungsverbot. Es zu beschlagnahmen, könnte ähnliche Aktionen anderer Länder provozieren, die europäisches Vermögen beherbergen, so die Sorge. Die Europäische Zentralbank warnt außerdem davor, dass Drittstaaten ihre Vermögenswerte aus dem Euro-Raum abziehen und damit die Gemeinschaftswährung gefährden könnten. Speziell Deutschland fürchtet zudem Reparationsforderungen aus dem Zweiten Weltkrieg.

Belgien bringt Russland-Vermögen als Sicherheit ins Spiel

Kommission und EU-Staaten entschieden sich deshalb für ein mehrstufiges Modell, nach dem nun zunächst auch die Sondergewinne eingefroren werden. Überlegungen, diese Gewinne zu nutzen oder sie mit einer Sondersteuer zu belegen, fanden bislang nicht die nötige Unterstützung. Zuletzt hatten sich die USA, deren Ukraine-Unterstützung bis zuletzt im Kongress festhing, für eine Beschlagnahmung der Gelder eingesetzt.

Die jüngste in Brüssel diskutierte Idee geht auf eine Initiative der belgischen Regierung zurück: Die EU könnte das Russland-Vermögen als Sicherheit nutzen, um am Kapitalmarkt Geld von Investoren einzusammeln. Zins und Tilgung solcher Anleihen würde man dann von Russland verlangen. Sollte sich Moskau weigern zu zahlen, ließen sich dafür die eingefrorenen Gelder nutzen. Dem Vernehmen nach ist die Bundesregierung auch von diesem Vorschlag nicht gerade begeistert.

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