Fall Nawalny:EU plant neue Sanktionen gegen Moskau

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Bundesaußenminister Heiko Maas lobte die "große Geschlossenheit" der EU und kündigte an, dass Einzelpersonen bestraft werden sollen, "die wir für mitverantwortlich halten für dieses Verbrechen". (Foto: imago images/photothek)

Die Auflagen sollen sich gegen Einzelpersonen richten, die als mitverantwortlich für den Anschlag auf Alexej Nawalny gelten. Zudem droht die EU dem belarussischen Machthaber Lukaschenko direkte Sanktionen an.

Von Matthias Kolb, Brüssel, Brüssel/Luxemburg

Die Europäische Union bringt als Reaktion auf den Giftgas-Anschlag auf den Oppositionellen Alexej Nawalny neue Sanktionen gegen Russland auf den Weg. Bei ihrem Treffen in Luxemburg folgten die Außenminister damit einem deutsch-französischen Vorschlag.

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) lobte die "große Geschlossenheit" der EU und kündigte an, dass Einzelpersonen bestraft werden sollen, "die wir für mitverantwortlich halten für dieses Verbrechen". Dies sei außerordentlich wichtig bei einem solchen "Verstoß gegen das internationale Recht", sagte Maas und bezog sich auf das Chemiewaffenübereinkommen.

Mit Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le Drian klagt er seit Tagen, dass Russland nichts tue, zur Aufklärung dieses "Mordversuchs" beizutragen, weshalb es keine "andere plausible Erklärung für die Vergiftung" geben könne "als eine russische Beteiligung und Verantwortung". Berlin und Paris haben den anderen Staaten Vorschläge unterbreitet, welche Personen nach dem EU-Sanktionsregime gegen Chemiewaffen mit Strafen belegt werden sollten.

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Grund sei eine Radikalisierung der Oppositionsbewegung gegen Lukaschenko, heißt es in Minsk. Die EU-Außenminister drohen dem Präsidenten mit direkten Sanktionen.

Bevor die Maßnahmen rechtswirksam werden, müssen die Experten in der entsprechenden EU-Arbeitsgruppe noch Vorbereitungen treffen. Diese sollen möglichst zügig abgeschlossen werden. Über den Fall Nawalny, der im August auf einem russischen Inlandsflug vergiftet und später in der Berliner Charité behandelt wurde, und die Folgen für das Verhältnis zu Russland werden die Staats- und Regierungschefs in dieser Woche beim EU-Gipfel beraten.

EU droht Lukaschenko direkte Sanktionen an

Erstmals droht die EU auch dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko direkte Sanktionen an. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sagte in Luxemburg: "Die Minister haben grünes Licht gegeben für eine neue Sanktionsliste, die Lukaschenko persönlich enthalten wird." Anfang des Monats hatten die 27 EU-Staaten bereits 40 Personen mit Kontensperrungen und Einreiseverboten belegt, darunter etwa Innenminister Juri Karajew.

Indem man nun Lukaschenko selbst bestrafen will, reagiert die EU laut Borrell auf das weiter brutale Vorgehen der belarussischen Sicherheitskräfte gegen friedliche Demonstranten sowie den "kompletten Unwillen" des Machthabers, sich an einem Dialog zu beteiligen und zu einer friedlichen und demokratischen Lösung beizutragen. Nach offiziellen Angaben aus Minsk wurden nach den jüngsten Massenprotesten gegen den seit 1994 autoritär regierenden Lukaschenko mehr als 700 Demonstranten festgenommen. Auch im Fall von Belarus müssen Experten noch Vorarbeiten leisten, damit die geplanten Sanktionen einer Überprüfung vor Gericht standhalten.

Zudem wurden auch die Sanktionen gegen zwei Führungskräfte des russischen Militärgeheimdienstes GRU um zwölf Monate verlängert. Sowohl dem Chef des GRU als auch seinem Stellvertreter wird vorgeworfen, für den Anschlag auf den früheren russischen Doppelagenten Sergej Skripal im britischen Salisbury verantwortlich zu sein, bei dem ebenfalls der Kampfstoff Nowitschok zum Einsatz gekommen war. Beide dürfen nicht in die EU einreisen und ihre Konten bleiben; gleiches gilt für zwei Agenten, die im März 2018 die Attacke auf Skripal mutmaßlich durchgeführt haben.

© SZ vom 13.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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