Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat in einem Grundsatzurteil die Asylpolitik der EU scharf kritisiert. Die Richter in Straßburg warfen Griechenland und Belgien einen Verstoß gegen das Verbot unmenschlicher Behandlung vor. Ein afghanischer Flüchtling hatte über menschenunwürdige Zustände in griechischen Aufnahmelagern geklagt.
Er war über Griechenland nach Belgien gereist, wo er 2009 einen Asylantrag stellte. Der Mann war noch im selben Jahr nach Griechenland abgeschoben worden.
Bereits am Mittwoch hatte die Bundesregierung bekanntgegeben, zunächst keine Asylsuchenden nach Griechenland zurückzuschicken. Für die Dauer eines Jahres werde Deutschland die Asylverfahren selbst bearbeiten, erklärte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums. Mit Blick auf die Wahrung der Menschenrechte hätten deutsche Behörden aber auch bislang schon "besonders schutzbedürftige Personen" nicht an die griechischen Behörden übergeben, sagte der Sprecher. So habe es im vergangenen Jahr 2458 Ersuche aus Griechenland zur Rückführung gegeben, denen jedoch nur in 55 Fällen entsprochen wurde.
Das UN-Flüchtlingskommissariat sowie Menschenrechtsorganisationen begrüßten den Schritt der Bundesregierung. Das Asylsystem in Griechenland sei "praktisch zusammengebrochen. Ohne Übertreibung muss man von einer humanitären Notsituation für die Betroffenen sprechen", erklärte der UNHCR-Vertreter für Deutschland und Österreich, Michael Lindenbauer.
Griechenland ist mit dem massiven Zustrom von Flüchtlingen, die zumeist über den Landweg aus der Türkei kommen, überfordert. Die Verzweiflung der Regierung in Athen wurde Anfang des Jahres offenkundig, als der Bürgerschutzminister Christos Papoutis ankündigte, die illegale Zuwanderung aus der Türkei durch einen Grenzzaun stoppen zu wollen.