Cum-Ex-Affäre:Olaf Scholz und die "heiße Luft"

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Im August 2022 musste Kanzler Olaf Scholz im Hamburger Rathaus vor einem Ausschuss aussagen. Kommt jetzt auch einer im Bundestag? (Foto: Markus Scholz/DPA)

Gleich zwölf aktive und ehemalige Bundestagsmitglieder befragt der Hamburger Untersuchungsausschuss zum Steuerskandal und der Rolle des Kanzlers. Der Erkenntnisgewinn bleibt überschaubar.

Von Ulrike Nimz, Hamburg

Hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in seiner Zeit als Erster Bürgermeister der Stadt Hamburg Einfluss auf die steuerliche Behandlung der Warburg Bank in der Cum-Ex-Affäre genommen? Das will die Hamburger Bürgerschaft seit geraumer Zeit durch einen Parlamentarischen Untersuchungsausschusses klären, an diesem Freitag mit Unterstützung von nicht weniger als 12 Zeugen, allesamt aktive oder ehemalige Bundestagsmitglieder, auch die Bundesfamilienministerin ist geladen.

Der Termin war mit Spannung erwartet worden, schließlich drohen Scholz auch im Bundestag Fragen zu den illegalen Steuergeschäften in Milliardenhöhe, bei denen sich Geldhäuser und Investoren einmal gezahlte Steuern für Aktiengeschäfte mehrfach vom Finanzamt zurückerstatten ließen.

Christian Olearius, Mitinhaber und ehemaliger Chef der Warbug-Bank, soll in Bonn wegen 14 Fällen besonders schwerer Steuerhinterziehung vor Gericht kommen. Wie oft sich Scholz als Stadtoberhaupt mit den Gesellschaftern der Bank getroffen hat, was Inhalt der Gespräche war, und ob der Kanzler darüber wahrheitsgemäß berichtet hat - das will der Ausschuss in Erfahrung bringen. Geladen sind damalige Mitglieder des Finanzausschusses des Bundestages, vor dem Scholz im Sommer 2020 ausgesagt hat.

Zu den fraglichen Sitzungen existieren Protokolle, allerdings nicht im Wortlaut. Deswegen lasse sich nicht abschließend klären, ob Scholz, damals noch Bundesfinanzminister, Details zu Gesprächen mit Olearius aktiv erinnerte, so die Argumentation des Ausschusses. Wenige Monate später nämlich, nunmehr vor dem Hamburger Untersuchungsausschuss, hatte der Kanzler jede Erinnerung an die Treffen bestritten.

Der Kanzler erinnert sich nicht

Die Befragung zur Befragung, das Erinnern an Erinnertes, erstreckt sich an diesem Freitag über mehrere Stunden, die Eindrücke der Zeuge decken sich in wesentlichen Punkten. Scholz habe im Finanzausschuss betont, dass zum Fall alles bekannt sei, über die Berichterstattung hinaus könne er keine Auskunft geben. Er soll die Worte "heiße Luft" benutzt haben.

Der Kanzler habe ein Treffen mit dem Banker Olearius eingeräumt, sich dessen Anliegen passiv angehört, eine schriftliche Vorbereitung habe es nicht gegeben. Sinngemäß habe Scholz gesagt, in Hamburg laufe man sich bei allen möglichen Anlässen über den Weg. Als Bürgermeister sei es Tagesgeschäft, Vertreter der Stadtgesellschaft zu empfangen. Das Steuergeheimnis hindere ihn daran, weitere Aussagen zu machen. Er sei schon immer der Meinung gewesen, dass Cum-Ex-Geschäfte illegal seien.

Warum man sich dann mit einem Banker trifft, gegen den ermittelt wird, wüsste der Zeuge Fabio de Masi (ehemals Linke) heute noch gern. Der Abgeordnete Sebastian Brehm (CDU) findet es mindestens widersprüchlich, dass Scholz sich auf das Steuergeheimnis berief und sich gleichzeitig an nichts erinnern konnte. Christian Olearius selbst hat das Treffen mit Scholz in einem Tagebucheintrag positiv bewertet.

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Es geht dem Ausschuss an diesem Tag um konkrete Wortlaute, aber am Ende erinnern sich die meisten der Zeugen hauptsächlich daran, dass die Erinnerung des Kanzlers schon damals lückenhaft war, seine Antworten knapp. Sozialdemokratische Zeuginnen und Zeugen rekapitulieren naturgemäß zurückhaltender als die von Linken und Christdemokraten. Schließlich sind letztere sowohl in Berlin als auch in Hamburg in der Opposition.

Hans Michelbach, seinerzeit Obmann für die Unionsfraktion im Finanzausschuss, berichtet, es habe von Seiten des damaligen Koalitionspartners SPD, "starke Widerstände" gegeben und den Druck, "die Sache auf sich beruhen zu lassen". Der Ausschuss habe sich als Verfassungsorgan vorgeführt und nicht ernst genommen gefühlt.

Lisa Paus, heute grüne Bundesfamilienministerin im Kabinett Scholz, hat als Oppositionspolitikerin hart nachgefragt, Olaf Scholz einen "Genossen der Banker" genannt. Heute spricht sie lediglich von "zugespitzten Äußerungen". Auf Nachhaken der Ausschussmitglieder, wie sie zu ihrer damaligen Einschätzung gekommen sei, reagiert sie mit dem stets gleichen Hinweis, sie habe mit dem Wissen von damals gehandelt. "Ob diese Vorhalte zu halten sind, bewerte nicht ich, sondern Sie." Neues hat sie nicht beizutragen, auch keinen erkennbaren Aufklärungswillen.

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