Bundeshaushalt:Lindner bekommt ein Milliardengeschenk

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Der Haushaltsabschluss 2023 dürfte Christian Lindner freuen. Denn er nimmt Befürwortern einer generellen Aussetzung der Schuldenbremse ein wenig den Wind aus den Segeln. (Foto: Bernd von Jutrczenka/DPA)

Seit Wochen streitet die Koalition darüber, wie der Wiederaufbau im Ahrtal dieses Jahr bezahlt werden kann. Jetzt erhält der Finanzminister Hilfe von unerwarteter Stelle.

Von Claus Hulverscheidt, Berlin

Bei der Suche nach Geld für den Wiederaufbau im Ahrtal im laufenden Jahr 2024 ist die Bundesregierung an unerwarteter Stelle fündig geworden: im Haushalt 2023. Wie am Donnerstag aus Kreisen des Finanzministeriums verlautete, schöpfte der Bund die für 2023 bewilligten Haushaltsmittel nach vorläufigen Berechnungen nicht vollständig aus und verzeichnete einen Etatüberschuss in einstelliger Milliardenhöhe. Dieser könne nun womöglich für die Beseitigung von Flutschäden an der Ahr in diesem Jahr genutzt werden, hieß es. Bei der Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen waren im Juli 2021 mindestens 135 Menschen ums Leben gekommen. Es entstand ein Sachschaden von mehr als 40 Milliarden Euro.

Im Bundeshaushalt 2024 sind für die Opfer der Flut 2,7 Milliarden Euro an Hilfen vorgesehen. Allerdings mangelte es bisher am notwendigen Geld, da das Bundesverfassungsgericht die bisher vorgesehene Finanzierung über ein sogenanntes Sondervermögen im November für grundgesetzwidrig erklärt hatte.

Womöglich muss die Bundesregierung keine neue Notlage ausrufen

Innerhalb der Ampelkoalition war deshalb erwogen worden, wie schon wegen der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs eine Notlage auszurufen. In einem solchen Fall dürfte der Bund die Ahr-Milliarden über Kredite finanzieren, ohne gegen die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse zu verstoßen. Derlei Überlegungen seien nun womöglich nicht mehr nötig, hieß es in den Kreisen, die damit einen Bericht der Nachrichtenagentur dpa bestätigten.

Der vorläufige Haushaltsabschluss für 2023, dessen Details in der kommenden Woche veröffentlicht werden sollen, kommt vor allem Finanzminister Christian Lindner (FDP) sehr gelegen, denn er nimmt den Befürwortern einer generellen Aussetzung der Schuldenbremse ein wenig den Wind aus den Segeln.

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Vor allem SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hatte in den vergangenen Tagen immer wieder eine sofortige Reform der Verfassungsregel verlangt. "Schulden sind notwendig vor dem Hintergrund, dass der Staat Investitionen tätigen muss, damit Deutschland seine Spitzenstellung in der Welt auch behauptet", sagte Mützenich am Donnerstag. Es bestehe eine Verpflichtung gegenüber künftigen Generationen, gute Bedingungen zu hinterlassen. Bereits wegen der anhaltenden Lasten zur Bewältigung der Ahr-Katastrophe sollte 2024 erneut von der Schuldenbremse abgewichen werden, so Mützenich weiter.

Wie juristisch heikel ein solcher Weg wäre, zeigte allerdings eine Expertenanhörung am Donnerstag im Haushaltsausschuss des Bundestags. Während die Rechtsprofessoren Armin Steinbach und Alexander Thiele die Einschätzung äußerten, dass das Karlsruher Urteil durchaus Spielraum für die neuerliche Ausrufung einer Ahr-Notlage lasse, vertrat der Wirtschaftswissenschaftler Lars Feld die gegenteilige Auffassung. Dabei reiche schon ein Blick auf das Verhältnis der Fluthilfe zum Gesamtetat, so Feld, der auch ein Berater Lindners ist. Der Betrag, um den es hier gehe, sei "viel zu klein, um eine Notlage feststellen zu können".

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