Kampf um den CDU-Vorsitz:Harmonie von C bis U

Lesezeit: 3 min

Wer soll CDU-Parteivorsitzender werden? Die Kandidaten Helge Braun, Norbert Röttgen und Friedrich Merz (von links) beim Triell am Mittwoch. (Foto: Andreas Gora/Getty Images)

Die Kandidaten um den CDU-Vorsitz stellen sich den Fragen der Mitglieder. Die Partei gibt sich dabei so, wie sie gerne irgendwann mal sein will - aber längst noch nicht ist.

Von Boris Herrmann und Robert Roßmann, Berlin

Die drei Pulte sehen aus, als seien sie aus Pappe. Man hätte dahinter eher den aufdringlichen Anlageberater im Foyer einer Kreissparkasse vermutet als die Männer, die sich um den Vorsitz der CDU bewerben. Falls die Idee war, so den basisnahen Charakter dieser Veranstaltung zum Ausdruck zu bringen, dann ist sie aufgegangen.

Sie nennen das jetzt "Townhall", was zukunftsweisender klingen soll, als es aussieht - erstmals dürfen nämlich auch die Parteimitglieder bei der Suche nach dem neuen CDU-Chef mithelfen. Im Grunde machen Friedrich Merz, Norbert Röttgen und Helge Braun an diesem Mittwochabend im Berliner Konrad-Adenauer-Haus aber nichts, worauf man nicht schon vorher hätte kommen können: Sie beantworten - schön abwechselnd - Fragen von Parteimitgliedern.

Newsletter abonnieren
:SZ am Sonntag-Newsletter

Unsere besten Texte der Woche in Ihrem Postfach: Lesen Sie den 'SZ am Sonntag'-Newsletter mit den SZ-Plus-Empfehlungen der Redaktion - überraschend, unterhaltsam, tiefgründig. Kostenlos anmelden.

Der Erkenntniswert solch einer Veranstaltung kann eigentlich nur darin liegen, dass die Differenzen zwischen den Bewerbern erkennbar werden. Zu erkennen ist dann aber schnell, dass dieses Format dafür kaum tauglich ist. Zum einen hat das Adenauer-Haus die Fragerinnen und Frager ausgesucht. Es kommen dann überdurchschnittlich viele Frauen, junge Parteimitglieder und Christdemokraten mit Migrationshintergrund zu Wort. Die CDU präsentiert sich an diesem Abend vor allem so, wie sie irgendwann mal sein will, aber längst noch nicht ist. Zum anderen haben sich offenbar alle Kandidaten vorgenommen, sich weder gegenseitig ins Wort zu fallen noch offen zu kritisieren. Bisweilen fragt man sich fast, warum sie nicht im Team antreten.

Um überhaupt Unterschiede ausmachen zu können, kommt es also auch auf Details an: Röttgen hat per Los das Rednerpult in der Mitte abbekommen, ein Platz, der ihm gefallen dürfte. Er sieht sich als der legitimste Vertreter der Mitte der Volkspartei. Dass er auch der Anwalt der jungen Menschen sein will, mag erklären, weshalb er als Einziger ohne Krawatte gekommen ist und bei der Beantwortung der Fragen schon mal lässig vors Pult tritt. Immerhin verzichtet er darauf, in Gedenken an den scheidenden Vorsitzenden Armin Laschet eine Bergmannsmarke aus dem Jackett zu ziehen.

Dissens gibt es endlich beim Thema Frauenquote

Bei einer Frage werden Röttgen und seine Kontrahenten aber doch pathetisch. Eine Frau, die gerade erst in die CDU eingetreten ist, will von den Kandidaten wissen, was ihnen das C und das U im Parteinamen bedeute.

Röttgen sagt, das C sei ein absolutes Alleinstellungsmerkmal. Er sei nicht in die CDU gegangen, weil er das Parteiprogramm gelesen habe, sondern weil seine Eltern "das C gelebt" hätten. Es gebe zwar "Gott sei Dank" auch in anderen Parteien Christen. Aber es gebe nur die CDU, die aus dem christlichen Bild des Menschen ihre Politik ableite. Und das U sei der Ausdruck dafür, dass die CDU "eine Partei der Gemeinsamkeit" sei, die gesellschaftliche Lager zusammenführt. "Darum ist das C und das U das Größte, was wir haben."

Auch Merz wird grundsätzlich. "Wenn man in der säkularen Politik unterwegs ist, dann ist das C der Zwang zur Demut, wissend, dass wir als Menschen immer nur die vorletzten Antworten geben", sagt er. Und das U stehe für Union - was man heute deshalb leisten müsse, sei "die Überwindung der Religionsgrenzen in ganz Deutschland und in Europa" und eine Einladung an all jene, "die gar keiner Religion angehören".

Weil die Moderatorin Helge Braun vergisst, kann der erst nach einer Intervention seine C-und-U-Sicht zum Besten geben. "Unser christliches Wertefundament gibt eigentlich immer Kompass", sagt Braun - in welche Richtung dieser Kompass zeigt, dazu sagt er aber nichts.

Dafür sagen dann alle etwas über die Frauenquote, und da gibt es endlich mal einen deutlichen Dissens. Braun und Röttgen sprechen sich für die Quote aus, Merz kann sich nicht so sehr dafür begeistern. Das Thema ist sogar innerhalb seines Teams umstritten. Sein Wunsch-Generalsekretär Mario Czaja sei für die Quote, sagt Merz. Seine Wunsch-Vize-Generalsekretärin Christina Stumpp dagegen. Und er selber wolle über das Thema noch einmal sprechen. Sein Team bilde also "die ganze Bandbreite ab", scherzt er.

Persönliche Fotos als Schlussstatements

Vielleicht ist das aber auch nur der Versuch, es sich mit keinem Mitglied zu verscherzen. Denn am Wochenende beginnt die Mitgliederbefragung über den CDU-Vorsitz. Merz gilt zwar als Favorit, aber sicher kann man sich bei solchen Befragungen nie sein.

In ihren Schlussstatements sollen die Kandidaten dann jeweils ein selbst ausgesuchtes Foto präsentieren. Merz hat ein Bild mitgebracht, das ihn selbst groß in der Mitte zeigt und seine beiden Teammitglieder Czaja und Stumpp etwas kleiner am Rand. Er wolle ein fleißiger Arbeiter der Partei sein, verspricht Merz. Röttgen hält dagegen ein flammendes Plädoyer für das Familienglück, auf seinem Foto umarmt er seine Frau und seine Tochter. "Es zeigt, dass es auch ein Leben außerhalb der Politik gibt", sagt Röttgen. Helge Braun hat sich für ein besonders exotisches Motiv entschieden - jubelnde CDU-Mitglieder. Es stammt vom Wahlsieg 2013. Er wolle eine CDU, die wieder siegen könne und die gut 40 Prozent von damals in Angriff nehme, sagt Braun. Da hat er sich was vorgenommen angesichts der aktuellen Umfragen.

Aber vielleicht ist dieser Unterschied nicht ganz unerheblich: Braun ist der Einzige, der ein Foto ausgesucht hat, auf dem er nicht selbst im Mittelpunkt steht.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusReligion
:Das neue Verhältnis zwischen Politik und Kirche

Scholz, Habeck und Lindner gehören keiner Konfession an. Weht der Wind jetzt schärfer für die Kirchen - oder ist die neue Regierung schlicht ein Abbild des gesellschaftlichen Wandels?

Von Annette Zoch

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: