Neue CDU-Chefin im Porträt:Mit Instinkt und ohne Schwarzmalerei

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Annegret Kramp-Karrenbauer nach der Wahl zur Vorsitzenden. (Foto: AFP)

Die Wahl von AKK zur Merkel-Nachfolgerin ist Teil einer Entwicklung, die mit ihrer Ernennung zur Generalsekretärin begann. Ein Satz ihrer Rede könnte ihren künftigen Führungsstil beschreiben.

Von Dominik Fürst, Hamburg

Als das denkwürdige Ergebnis schon seit mehreren Minuten bekannt ist, als der unterlegene Kandidat Friedrich Merz wieder auf dem Podium steht, sich für das Vertrauen bedankt und um Unterstützung für die Siegerin wirbt, da sitzt Annegret Kramp-Karrenbauer auf der Bühne dieses CDU-Parteitags in Hamburg und wirkt, als könne sie es noch nicht so richtig fassen. Sie hat Tränen in den Augen. Die 56-Jährige ist soeben zur neuen Vorsitzenden der Christlich-Demokratischen Union gewählt worden. Ihr kommt jetzt die gewaltige Aufgabe zu, nach 18 Jahren mit Angela Merkel an der Parteispitze den Übergang der CDU in die Zukunft zu gestalten. Es wird sich zeigen, wie gut sie diese Aufgabe bewältigt.

Kramp-Karrenbauer hat die kämpferischste der drei Bewerbungsreden gehalten. Merz, der als talentiertester Rhetoriker der Kandidaten um den CDU-Vorsitz galt, hielt eine gute Rede, nur eben weniger temperamentvoll. Auch Jens Spahn reichte in dieser Hinsicht nicht an sie heran. Der Applaus war bei Kramp-Karrenbauer am Lautesten und am Längsten. "Bei Führung kommt es mehr auf die innere Stärke als auf die äußere Lautstärke an", sagte Kramp-Karrenbauer. Ein Satz, der die frühere Ministerpräsidentin des Saarlands und nun ehemalige Generalsekretärin der CDU gut beschreibt - und der einen Ausblick auf ihren künftigen Führungsstil geben könnte.

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"Dies ist für mich ein besonderer Moment", sagte Kramp-Karrenbauer. Als sie 1981 in die Partei eingetreten sei, habe sie nie an so etwas gedacht. Die CDU von damals, die Partei von Kohl, Barzel, Geißler, habe Kurs gehalten in einer Zeit der Schwarzmalerei: "Das war meine Partei und deswegen bin ich damals in die CDU eingetreten." Ganz ähnlich hatte Kramp-Karrenbauer sich schon einmal den Delegierten eines CDU-Parteitags vorgestellt: als sie im Februar dieses Jahres zur Generalsekretärin gewählt wurde. 98,87 Prozent waren es damals, und man bekam eine Ahnung von ihrer Beliebtheit. Gegen Friedrich Merz setzte sie sich nun mit der hauchdünnen Mehrheit von 52 Prozent durch. Es war eine Richtungswahl.

Der Erfolg Kramp-Karrenbauers ist ein Zeichen der CDU, wenn auch ein knappes, dass die Partei den Stil der Merkel-Jahre zu schätzen gelernt hat. Kramp-Karrenbauer, geboren 1962 in Völklingen, gilt als ruhig, besonnen und verbindlich. Aufbrausend zeigt sie sich nie. Sie ist aber auch mit einem Instinkt gesegnet, der an den ihrer Vorgängerin erinnert. Im Jahr 2000 machte der saarländische Ministerpräsident Peter Müller Kramp-Karrenbauer zur Innenministerin. Eine Frau hatte es in dem Job bis dato nicht gegeben. Sie verschaffte sich schnell den nötigen Respekt. 2011 wurde sie selbst Ministerpräsidentin.

Am 6. Januar 2012 ließ sie die Jamaika-Koalition im Saarland platzen, weil sie der FDP nicht mehr vertraute. Überliefert ist die schöne Anekdote, dass Merkel Kramp-Karrenbauer damals durchs Telefon anbrüllte. Die Kanzlerin war erbost über die politische Unruhe. Wunden im persönlichen Verhältnis zwischen Merkel und Kramp-Karrenbauer aber hinterließ die Episode nicht, die Entscheidung der Ministerpräsidentin erwies sich als richtig. Sie suchte das Bündnis mit der SPD und konsolidierte ihre Macht im Saarland.

Fünf Jahre später gewann Kramp-Karrenbauer unter schlechten Vorzeichen die im Nachhinein wohl wichtigste Landtagswahl des Jahres 2017, womit sie nebenbei das Ende des Höhenflugs von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz einleitete. "Ich sehe keine Wechselstimmung an der Saar", lautete ihr lakonischer Kommentar zum Umfragehoch der SPD. Merkel, die Monate später die Bundestagswahl gewann, zeigte sich erkenntlich und holte Kramp-Karrenbauer als Generalsekretärin nach Berlin. Die gab ihre komfortable Position als wiedergewählte Ministerpräsidentin auf. Merkel brachte ihre Nachfolgerin in Stellung, Kramp-Karrenbauer war bereit.

Öffentlich hat sich die Kanzlerin nie zugunsten Kramp-Karrenbauers oder eines anderen Kandidaten positioniert - anders als Wolfgang Schäuble, der kurz vor dem Parteitag öffentlich für Friedrich Merz trommelte. Er spürte da wohl schon, in welche Richtung es geht. Kramp-Karrenbauer hat das nicht geschadet. Sie hat auf ihre coole, sachliche Weise auf den acht Regionalkonferenzen der CDU für sich geworben und konnte es sich sogar erlauben, inhaltlich in Teilen härter aufzutreten als Merz oder Spahn.

Straffällig gewordene Asylbewerber dürften "nie wieder europäischen Boden betreten", verlangte sie in einem Interview, sie brachte Abschiebungen nach Syrien ins Spiel, wo immer noch ein Bürgerkrieg tobt, und ihre Ablehnung der Ehe für alle ist ebenfalls bekannt. Auch auf dem Parteitag wagte Kramp-Karrenbauer nun einen kurzen Rundumschlag: gegen kriminelle Asylbewerber, "Chaoten" wie jene, die im vergangenen Jahr beim G-20-Gipfel randaliert haben, und Steuerbetrüger. Es brauche "einen starken Staat", um dessen Feinde in Zaum zu halten.

Insgesamt aber war es eine versöhnliche Rede, die Kramp-Karrenbauer den CDU-Vorsitz beschert hat. "Das C ist der Leitstern" sagte sie und gemahnte eine christliche Politik an - als einzige Bewerberin. Sie dankte ausdrücklich der Bundeskanzlerin, weil sie es sei, der die CDU ihren Status als wichtigste und letzte Volkspartei Europas zu verdanken habe. "Danke, Angela", sagte sie und drehte sich dabei zu Merkel um.

Kann sein, dass die neue CDU-Vorsitzende im Kandidaten-Wahlkampf bewusst härter aufgetreten ist, als man es ihr zugetraut hatte, um den konservativen Teil der Partei zu beruhigen, der als unzufrieden mit Merkels Kurs der Mitte galt. Auf dem Parteitag versuchte sie, als Versöhnerin aufzutreten, und schaffte es sogar, ihren Kontrahenten zu schmeicheln. Sie warb für Zusammenhalt "in der Familie" - viele in der Halle waren begeistert. Diesen Zusammenhalt in der CDU wird Kramp-Karrenbauer benötigen, um eine gute Vorsitzende zu sein und nicht als Übergangslösung in die Parteigeschichte einzugehen. Merz' öffentliche Unterstützung könnte ihr dabei helfen.

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