CDU und CSU:Grottenschlechte Stimmung

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Der frühere CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz fordert, dass seine Partei der CSU mit der Gründung einer Bayern-CDU droht, um sie in der Flüchtlingspolitik "zur Vernunft" zu bringen.

Von Robert Roßmann, Berlin

Es gibt in diesen Tagen so manchen Christdemokraten, der aus Frust über die ständigen Attacken aus München von Gegenangriffen auf die CSU träumt. Aber die CDU-Führung hat die Devise ausgegeben, den heftigen Vorwürfen der CSU nicht mit gleicher Härte entgegenzutreten. Kurz nach dem Ende des ergebnislosen Koalitionsgipfels wagte sich am Sonntagabend dann aber doch ein Christdemokrat aus der Deckung: Ruprecht Polenz, der erste Generalsekretär von CDU-Chefin Angela Merkel, ließ via Facebook seinem Unmut freien Lauf - und gab seiner Partei gleich einen Rat mit auf den Weg. Der CSU-Führung gehe es nicht mehr um die Regierung in Berlin, sondern ausschließlich um die absolute Mehrheit in Bayern, schrieb Polenz. Es nütze "deshalb gar nichts, an ihre Solidarität zu appellieren". Die CDU sollte deshalb "ernsthafte Vorbereitungen ankündigen, einen CDU-Landesverband in Bayern zu gründen". Der CSU wäre dann "sofort klar, dass in diesem Fall ihre absoluten Mehrheiten ein für allemal vorbei wären". Deshalb "dürfte eine glaubwürdige Ankündigung ausreichen, um die CSU zur Vernunft zu bringen", findet Polenz.

Das wird natürlich nicht passieren. Polenz gehört schon lange nicht mehr zur ersten Reihe der CDU, er sitzt nicht einmal mehr im Bundestag. Aber Äußerungen wie die von ihm zeigen, dass das Klima zwischen CDU und CSU trotz aller Annäherungsbekundungen vom Sonntag ("Es besteht auf beiden Seiten der Willen zur Einigung") weiter grottenschlecht ist. In der CSU-Spitze hat man sich eine Art Frist gesetzt, bis wann man noch versuchen will, eine Annäherung mit der CDU zu erzielen. Sie läuft Anfang Oktober aus. Am 6. Oktober wollen sich die Vorsitzenden der Koalitionsparteien das nächste Mal treffen. Außerdem müsste Anfang Oktober die Einladung für Merkel zum CSU-Parteitag Anfang November verschickt werden - im vergangenen Jahr kam diese auch einen Monat vor Beginn des Parteitags im Kanzleramt an.

Ex-Generalsekretär Polenz findet es falsch, an die Solidarität der Schwesterpartei zu appellieren

Den Weg zur Verständigung sollen auch sechs gemeinsame "Deutschlandkongresse" von CDU und CSU ebnen. Am Montag verkündeten die beiden Parteizentralen - diesmal einträchtig - die Termine. Am 24. September soll es in Würzburg um den "Zusammenhalt der Gesellschaft" gehen. Es folgen Kongresse zu "Ressourcenknappheit und Umwelt", "Innovation und Digitalisierung", "Europa und seine Rolle in der Welt" sowie "Bevölkerungsentwicklung und Migration". Zum Abschluss soll am 7. November in Berlin über "Innere und äußere Sicherheit" gesprochen werden.

Wenn alles gut geht, steht am Ende doch noch ein gemeinsames Wahlprogramm von CDU und CSU. Bis dahin vergehen aber einige Wochen. Und so sah sich der Regierungssprecher am Montag genötigt, Zweifel an der Handlungsfähigkeit der Koalition zurückzuweisen - allerdings nicht ohne das Eingeständnis, dass man derzeit "mittendrin in mühsamen, anspruchsvollen Prozessen" stecke.

© SZ vom 13.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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