CDU:Stellvertreter gesucht

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Karl-Josef Laumann ist Sozialminister in NRW und Chef der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA). Die findet, ein Sozialpolitiker würde der Parteispitze guttun. (Foto: Jörg Carstensen/dpa)

Die CDU braucht einen neuen Parteivize, weil Carsten Linnemann inzwischen Generalsekretär ist. Möglicher Kandidat für den Posten ist Karl-Josef Laumann. Eine einvernehmliche Lösung ist aber schwierig.

Von Robert Roßmann, Berlin

Horst Seehofer war nicht nur CSU-Chef, Bundesminister und bayerischer Ministerpräsident, sondern auch ein Meister des politischen Spotts. "Was ist der Unterschied zwischen einer Hundehütte und einem Parteivize?", hat Seehofer gerne gefragt - und die Antwort gleich hinterhergeschoben: "Die Hundehütte ist für den Hund - und der Parteivize für die Katz."

Wenn man es so betrachtet, hätte Friedrich Merz kein Problem. Aber ganz so irrelevant wie in Seehofers Scherz sind stellvertretende Parteivorsitzende natürlich nicht. Und deshalb hat der CDU-Chef gerade doch ein Problem. Auf dem Bundesparteitag im Mai muss ein neuer stellvertretender Parteivorsitzender gewählt werden, weil der bisherige Amtsinhaber Carsten Linnemann inzwischen Generalsekretär ist. Und es ist nicht einfach, eine Nachfolgelösung zu finden, die alle zufriedenstellt. Da der Parteitag nur einen Monat vor der Europawahl stattfindet, möchte Merz Misstöne aber unbedingt vermeiden. Keine einfache Aufgabe.

Merz kann mit Regionalproporz wenig anfangen

Merz war Vizepräsident des Wirtschaftsrats der CDU, Linnemann lange Chef der Mittelstands- und Wirtschaftsunion. Ein Sozialpolitiker würde der Parteispitze zur Ergänzung also guttun, heißt es im sozialpolitischen Flügel der CDU, der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA). Dort kann man sich Karl-Josef Laumann als Parteivize vorstellen. Der nordrhein-westfälische Sozialminister ist schon seit 2005 Chef der CDA. Er ist in der CDU über alle Lager hinweg beliebt. Am kommenden Wochenende will die CDA darüber beraten, ob sie Laumann als CDU-Vize nominiert. Allerdings stammen auch Merz und Linnemann aus Nordrhein-Westfalen. Darf ein Landesverband die CDU derart dominieren?

Merz kann mit solchen Fragen wenig anfangen. Bei der Vorstellung Linnemanns als Generalsekretär sagte der CDU-Chef, Nordrhein-Westfalen sei "lange Zeit in der Bundespolitik und in der Bundespartei unter Wert geschlagen gewesen". Jetzt gebe es dort halt "mal eine gewisse Zahl von Vertretern aus Nordrhein-Westfalen". Für ihn spiele "die Herkunft keine Rolle, sondern ausschließlich die Qualifikation". Trotzdem schauen gerade viele CDU-Landesverbände neidisch auf den großen Einfluss der Nordrhein-Westfalen.

Hoffnungen machen sich auch ostdeutsche Landesverbände

Merz hält aber nicht nur die Klage über die Macht der NRW-CDU für wenig hilfreich, sondern auch das Gegrummel unter Sozialpolitikern über Linnemann und ihn an der Parteispitze. Sowohl er als auch Linnemann seien "keine Vertreter eines Flügels oder eines Teils der Partei, sondern Vertreter der ganzen Partei", findet Merz. "Wir fühlen uns den wirtschaftspolitischen Themen genauso verpflichtet wie den sozialpolitischen Themen." Außerdem sei man als Anhänger der sozialen Marktwirtschaft ohnehin der festen Auffassung, "dass Wirtschaftspolitik und Sozialpolitik keine Gegensätze sind, sondern dass sie Teil eines ganzen Politikverständnisses sind".

Es gibt aber nicht nur die Sozialpolitiker, die sich Hoffnungen machen, sondern auch die ostdeutschen Landesverbände. Im Herbst stehen in Brandenburg, Sachsen und vor allem Thüringen schwere Landtagswahlkämpfe an. In Thüringen ist der Landes- und Fraktionsvorsitzende Mario Voigt auch Spitzenkandidat. Eine Beförderung in der Bundes-CDU würde ihm zusätzliche Aufmerksamkeit verschaffen und im Wahlkampf helfen. Am Mittwochabend kündigte Voigt in der Thüringer Allgemeinen an, einen Platz im Präsidium der Bundespartei anzustreben.

Eine Lösungsvariante auf dem Bundesparteitag könnte also sein, dass Laumann CDU-Vize wird. Bisher ist der Sozialpolitiker lediglich einfaches Präsidiumsmitglied - dieses Amt könnte dann Voigt übernehmen.

Der Thüringer Partei- und Fraktionschef Mario Voigt führt die CDU als Spitzenkandidat in die Landtagswahl im September. Zusätzliche Aufmerksamkeit könnte er gut gebrauchen. (Foto: Thomas Bartilla/Imago)

Aber was ist mit den Frauen? Der CDU-Vorsitzende ist ein Mann, der Generalsekretär auch. Und mit Karin Prien und Silvia Breher sind nur zwei der fünf bisherigen Vizes Frauen. Doch die Frauen-Union (FU) schickt bisher niemanden ins Rennen, sie weiß um die Aussichtslosigkeit. Beim letzten Wahlparteitag hat es FU-Chefin Annette Widmann-Mauz nicht einmal geschafft, einfaches Präsidiumsmitglied zu werden.

Das lag auch an den Vorbehalten vieler Delegierter gegenüber der Frauen-Union und der Person Widmann-Mauz. Es gibt derzeit aber auch keine Frau außerhalb der FU-Strukturen, die für das frei gewordene Amt in der CDU-Spitze gehandelt wird. Von dieser Seite droht Laumann keine Konkurrenz. Bis zum Parteitag vergehen allerdings noch einige Wochen. Es könnte also durchaus sein, dass sich noch ein männlicher Interessent für den offenen Parteivize-Posten findet, der nicht aus Nordrhein-Westfalen stammt.

2012 griff die CDU zu einem Kniff

Vor dem Bundesparteitag 2012 hatte es mehr Interessenten als Stellvertreterplätze gegeben - Kampfkandidaturen wollte man aber vermeiden. Damals änderte die CDU deshalb einfach ihr Statut und erhöhte die Zahl der Parteivizes von vier auf fünf. Eine solche Lösung soll es diesmal aber auf keinen Fall geben, heißt es im Konrad-Adenauer-Haus, die Zahl der stellvertretenden Parteichefs werde sicher nicht noch einmal vergrößert werden.

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