CDU:Peter Tauber soll an Mobbing-Komplott beteiligt gewesen sein

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War Peter Tauber an einem Mobbing-Komplott beteiligt? (Archivbild von 2015). (Foto: dpa)

Stichwort "Kaninchen": Angeblich verfasste der CDU-Generalsekretär 2006 gemeinsam mit einem Freund ein Strategiepapier, um die CDU-Geschäftsführerin in seinem Heimatkreis loszuwerden. Tauber bestreitet das.

Von Robert Roßmann, Berlin

Dass es in Parteien nicht immer freundlich zugeht, ist eine Binse. Politik ist ein hartes Geschäft - da schadet es nicht, wenn man Ellbogen hat. Wer nach oben will, kann nicht immer nur an die anderen denken. Und wer oben ist, muss mit dem Neid der Zurückgebliebenen kämpfen. Jetzt gibt es aber einen Fall, der aus dem üblichen Konkurrenz-Gewusel herausragt - und im Mittelpunkt steht kein Geringerer als Angela Merkels Generalsekretär.

Peter Tauber stammt aus dem CDU-Kreisverband Main-Kinzig. Er sitzt dort im Vorstand und ist immer noch Mitglied der Kreistagsfraktion. In dem Kreisverband sollten die Mitglieder stolz sein, dass es einer der Ihren ganz nach oben geschafft hat - könnte man meinen. Doch einige sehen das ganz anders und greifen Tauber seit mehr als einem Jahr hart an. Die Geschichte klingt zunächst wie eine alte Kamelle aus der Parteiprovinz, doch sie ist dem CDU-Generalsekretär in der Hauptstadt heute arg unangenehm.

Vor zehn Jahren war Tauber noch Landesvorsitzender der Jungen Union Hessen

"Nun habe ich inzwischen natürlich gelernt, dass man den 'Politiker' generell als korrupt, falsch und hintertrieben hält, das ist zum Glück nicht bei jedem so, aber Peter Tauber ist das klassische Paradebeispiel dafür", schreibt Marianne Hain. Der Brief liegt der Süddeutschen Zeitung vor, er datiert vom 4. Mai 2015. Hain war damals noch Vertreterin der CDU im Kreisausschuss Main-Kinzig, dem obersten Verwaltungsorgan in Taubers Landkreis. In dem Brief wirft die Christdemokratin ihrem Generalsekretär "hintertriebene Machenschaften" und "Hinterlistigkeit" vor. Um die Vorwürfe zu belegen, hat Hain ihrem Brief ein Dokument beigelegt - und das hat es tatsächlich in sich.

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Auf neun Seiten wird detailliert beschrieben, wie man - auch mit schmierigen und widerrechtlichen Mitteln - die Kreisgeschäftsführerin der CDU aus dem Amt entfernen sollte. Die Autoren haben ihrem Papier den zynischen Titel "Pflegehinweise für das Kaninchen" gegeben. Das "Kaninchen" ist die Kreisgeschäftsführerin, die möglichst sofort rausgeworfen werden soll.

"Dieses Pflegeprogramm" habe Tauber zusammen mit einem Freund "aufgestellt", schreibt Hain. Wenn der Vorwurf stimmt, hätte der CDU-Generalsekretär ein gewaltiges Problem. In den "Pflegehinweisen für das Kaninchen" wird empfohlen, der Kreisgeschäftsführerin für den Fall, dass sie nicht freiwillig einen Aufhebungsvertrag unterschreibt, mit der Kündigung ihrer Tochter zu drohen, die ebenfalls bei der CDU arbeitet. Doch das ist nicht der einzige skandalöse Punkt. "Damit das Kaninchen nicht übermütig wird, sollte man ihm das Leben . . . schwer machen", heißt es in dem Papier, zum Beispiel durch "Verbot der Nutzung des Internets für private Zwecke und Ankündigung, den Mail-Verkehr mittels Stichproben zu kontrollieren". Außerdem wird geraten, gegenüber der Geschäftsführerin nicht zu erwähnen, dass sie einen speziellen Kündigungsschutz genießt, der sie praktisch unkündbar macht. "Falls sie das Thema selbst anspricht, müssen die beteiligten Juristen bluffen", steht in den "Pflegehinweisen". Sie enthalten auch einen Rat für den Fall, dass die Geschäftsführerin nicht klein beigibt: "Wenn das Kaninchen zum Gegenangriff ausholt, muss die Jagd natürlich sofort abgeblasen werden - dann muss aber SOFORT die Schlagzahl erhöht werden." Dazu gehöre: "Tochter SOFORT kündigen. Ermahnungen und Abmahnungen beginnen." Das Motto dabei müsse lauten: "Immer dran denken: Greife niemals in ein Wespennest und wenn Du greifst, so greife fest."

Eines ist sicher: Jeder Politiker, der ein derartiges Pamphlet zu verantworten hat, kommt in Bedrängnis, wenn es bekannt wird. Aber genau damit beginnt in diesem Fall das Problem. Die "Pflegehinweise" über die sich Hain beklagt, datieren bereits aus dem Jahr 2006. Tauber war damals noch Landesvorsitzender der Jungen Union Hessen - der Freund, mit dem er das Papier aufgestellt haben soll, wurde 2007 Landesgeschäftsführer der JU. Außerdem ist das Dokument nicht unterschrieben. Aus ihm geht lediglich hervor, wer der Adressat war: der damalige CDU-Kreisvorsitzende Tom Zeller. Entsprechend schwierig ist die Spurensuche.

Die Frau, um die es geht, das "Kaninchen", ist Anne Höhne-Weigl. Sie war nicht nur 15 Jahre lang Kreisgeschäftsführerin der CDU, sondern auch Vorsitzende der örtlichen Frauen-Union. Höhne-Weigl sagt der SZ, sie habe die "Pflegehinweise" bereits im November 2006 auf dem Schreibtisch Zellers gefunden. Sie sind damit zu einer Art Überlebensversicherung für sie geworden. Wenn man ihr tatsächlich gekündigt hätte, hätte sie mit der Veröffentlichung des Papiers drohen können. Vermutlich auch deshalb blieb Höhne-Weigl noch bis zu ihrem regulären Ruhestand Mitte 2014 im Amt. Sie war damit auch einige Jahre lang Taubers Geschäftsführerin, nachdem dieser Zellers Nachfolger als CDU-Kreisvorsitzender wurde.

Auch Höhne-Weigl ist sich sicher, dass Tauber und der ehemalige JU-Landesgeschäftsführer die Urheber der Pflegehinweise sind. Zeller habe ihr im Dezember 2013 "während einer Kreistagssitzung" gesagt, das Papier sei von den beiden "in Zusammenarbeit erstellt worden", sagt Höhne-Weigl. Dies habe Zeller ihr im Dezember 2015 noch einmal bestätigt. Die Christdemokratin ist auch heute noch voller Zorn über Tauber. Sie "empfinde es geradezu als verwerflich und menschenverachtend", dass Tauber gemeinsam mit dem ehemaligen JU-Landesgeschäftsführer "dieser Mobbinganleitung den Namen 'Kaninchenpflegeprogramm' gegeben" habe.

Der ehemalige JU-Landesgeschäftsführer ist heute nicht mehr in der Politik. Bei einer ersten Nachfrage der SZ im Dezember 2015 bestritt er nicht, an einem derartigen Papier mitgeschrieben zu haben, auch wenn er sich an die Details nicht mehr erinnern könne. Zu einer möglichen Beteiligung Taubers wollte er nichts erklären. Am Freitag sagte der Ex-Landesgeschäftsführer auf eine neuerliche Nachfrage, er wolle öffentlich gar nicht mehr zu den Behauptungen Stellung nehmen.

Und Tauber? Er räumt zwar ein, "wie viele andere vor Ort damals Kenntnis von dem Papier" gehabt zu haben. "Ich habe das Papier aber nicht geschrieben", sagt Tauber. Wer etwas anderes behaupte, der lüge. Auf die Frage, ob er den Inhalt des Papiers unterstützt habe, antwortet Tauber aber lediglich mit zwei ausweichenden Sätzen: "Ich war damals in keiner Funktion im Kreisverband tätig. Während meiner Zeit als Kreisvorsitzender habe ich während der gesamten Zeit mit der Kreisgeschäftsführerin (Anne Höhne-Weigl) zusammengearbeitet."

Und was erklärt der Dritte im Bunde, der damalige CDU-Kreisvorsitzende Zeller, für den das Papier angefertigt wurde? Er bereut die "Pflegehinweise" inzwischen. "Die damalige Situation war sehr schwierig und verfahren, und es wurden viele Fehler gemacht, die ich und andere heute nicht mehr machen würden", sagt Zeller, "das Papier gehört eindeutig dazu." Wer das Papier "konkret geschrieben" habe, wisse er nicht mehr, behauptet Zeller. Seine angeblichen Äußerungen gegenüber Frau Höhne-Weigl will er nicht bestätigen. So viel sagt Zeller dann aber doch: "Ja, Dr. Peter Tauber war als damaliger politischer Vertrauter an den Überlegungen beteiligt." Der heutige CDU-Generalsekretär sei "einbezogen" gewesen, "inwieweit er das Papier konkret unterstützt" habe, wisse er aber nicht mehr.

Endgültig klären lässt sich der Fall damit nicht. Es gibt trotz monatelanger Nachforschungen bis heute keinen Beweis dafür, dass Tauber nicht nur von dem Papier wusste, sondern auch einer der Autoren war. Der Fall offenbart aber, wie brutal manchmal in Parteien miteinander umgegangen wird. Und er zeigt, wie groß die Konflikte sogar innerhalb einer Fraktion sein können. Tauber, Zeller und Höhne-Weigl saßen noch bis zur hessischen Kommunalwahl im März dieses Jahres gemeinsam für die CDU im Kreistag.

© SZ vom 24.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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