Auslandseinsatz:Bundeswehr könnte schon im Juli aus Afghanistan abziehen

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Fahrzeuge der Bundeswehr stehen im Camp Marmal in der Nähe der afghanischen Stadt Masar-i-Scharif. (Foto: imago stock&people/imago stock&people)

Ursprünglich sollten die deutschen Soldaten erst deutlich später zurückkehren. Nun beraten die Nato-Verbündeten über einen früheren Termin.

Von Philipp Saul und Mike Szymanski, Berlin

Die Bundeswehr stellt sich in Absprache mit Nato-Verbündeten auf einen deutlich schnelleren Abzug aus Afghanistan ein. Der Termin könnte auf Anfang Juli vorgezogen werden. Im Hauptquartier der Nato-Mission in Kabul werde der 4. Juli als Abzugsdatum erwogen, teilte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) am Mittwoch mit. Die USA hatten bisher den 11. September als Termin für den Abzug der US-Truppen genannt. Die Bundeswehr plante bislang mit Mitte August.

Kramp-Karrenbauer versicherte dennoch: "Wir sind auf alles vorbereitet." Die Rückverlegung werde "geordnet und koordiniert" erfolgen, im Zweifel habe sich das Tempo der Sicherheit unterzuordnen. Genauso halte sie an ihrem Plan fest, die Sicherheit im Feldlager bei Masar-i-Scharif für die Zeit bis zum Abzug zu erhöhen.

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Jahrelang haben sie in ihrer Heimat für die Bundeswehr gearbeitet. Der geplante Abzug der deutschen Soldaten gefährdet die Sicherheit der Angestellten.

Die Taliban, deren Herrschaft über Afghanistan im Zuge des Einsatzes 2001 ein Ende bereitet wurde, bestanden darauf, dass die USA sich an den mit Präsident Joe Bidens Vorgänger Donald Trump vereinbarten Abzugstermin halten - den 1. Mai. Für den Fall, dass darüber hinaus Truppen in Land bleiben, drohten sie unlängst mit neuer Gewalt.

Nach Angaben von Kramp-Karrenbauer habe das Missions-Hauptquartier den beschleunigten Abzug damit begründet, dass, je kürzer internationale Truppen im Land seien, desto geringer auch die Gefahr sei, die von den Taliban ausginge.

Der Abzug bereitet logistische Probleme

Die Bundeswehr stellt ein vorgezogener Abzug vor logistische Probleme. Es könnte zu Engpässen bei den Frachtflugzeugen für den Rücktransport von Material geben. Notfalls muss die Bundeswehr mehr Material als geplant in Afghanistan lassen und dort gegebenenfalls vernichten. Im Verteidigungsministerium hieß es: "Die beteiligten Nationen prüfen zurzeit die daraus resultierenden Herausforderungen und Folgen." Die finale Entscheidung über das Datum liege unverändert beim Nato-Rat.

Die USA als größter Truppensteller hatten sich für den Abzug bis zum 11. September festgelegt, dem 20. Jahrestag der Terroranschläge des islamistischen Netzwerks al-Qaida in den USA. Der nun angedachte 4. Juli ist der Nationalfeiertag der Vereinigten Staaten. Deutschland stellt mit insgesamt 1100 Soldaten nach den USA das zweitgrößte Kontingent in der etwa 10 000 Soldaten starken Nato-Truppe für Afghanistan.

"Wir sind nicht die Zierpüppchen der USA"

Die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann kritisierte ein Drängen der USA auf einen schnelleren Abzug. Es sei "einfach nur unwürdig", sich nach 20 Jahren bei der Frage des Abzugs an den symbolischen Feiertagen der USA ausrichten zu müssen. "Wir sind nicht die Zierpüppchen der USA, auch wenn diese den Hut aufhaben", sagte Strack-Zimmermann in Berlin. Sie forderte aber auch: "Die Truppe muss jetzt schnell und sicher zurück."

Der CDU-Verteidigungspolitiker Henning Otte warnte zuvor vor den Gefahren für deutsche Soldaten beim Ende des Afghanistan-Einsatzes. "Militärisch gefährlich ist der Moment des Abzugs: Das Verteidigungsministerium muss mit Kampfkraft und einsatzbereiten Kräften die Rückverlegung sichern. Dafür müssen wir Spezialkräfte vorhalten", sagte Otte, verteidigungspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, der Deutschen Presse-Agentur.

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