Die britische Premierministerin Theresa May wird am Dienstag in Berlin mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammentreffen, um über Lösungen für den komplizierten Brexit-Prozess zu sprechen. Dies kündigte Regierungssprecher Steffen Seibert an. Konkret dürfte es um die mögliche Verlängerung der Frist für den Austritt Großbritanniens aus der EU gehen. May wird am Dienstag auch nach Paris zum französischen Präsidenten Emmanuel Macron reisen. Macron gilt im Vergleich zu Merkel als deutlich skeptischer gegenüber einer Lösung, die Großbritannien über die bevorstehenden Europawahlen hinaus in der EU belassen könnte.
Die Premierministerin hatte zuletzt angekündigt, sie wolle die EU um einen Aufschub bis zum 30. Juni bitten. Das soll am Mittwoch auf dem EU-Sondergipfel in Brüssel geschehen. Dann könnte auch die Entscheidung fallen, ob es am Freitag zu einem harten Brexit oder einer erneuten Frist-Verlängerung kommt.
Die EU hat bereits klargemacht, dass May dafür einen Plan vorlegen muss, wie es weitergehen soll. Bislang ist der Austritt für den 12. April geplant. Ohne weiteren Aufschub oder Annahme des Austrittsvertrages, den das britische Unterhaus bereits dreimal abgelehnt hat, droht ein Ausscheiden ohne Abkommen mit erheblichen Folgen für die Wirtschaft und viele andere Lebensbereiche.
Unterdessen sollen die Gespräche der Tory-geführten Regierung mit der Labour-Opposition an diesem Montag weitergehen. Das kündigte Kulturminister Jeremy Wright an. Labour strebt unter seinem Parteichef Jeremy Corbyn eine Zollunion mit der EU und eine enge Ausrichtung am Binnenmarkt an. Einen Verbleib in der Zollunion hatte der britische Außenminister Jeremy Hunt, ein Befürworter des Brexit, bisher stets abgelehnt. Nun sagte er mit Blick auf die Gespräche mit Labour: "Man kann nicht in solche Verhandlungen mit großen roten Linien gehen." Das wird im britischen Guardian als Hinweis verstanden, dass am Ende ein Kompromiss in dieser Richtung zwischen Tories und Labour zustande kommen könnte, um einen No-Deal-Brexit abzuwenden.
Angesichts der Tatsache, dass die Regierung keine eigene Mehrheit im Parlament hat, um das mit der EU ausgehandelte Austrittsabkommen zu verabschieden, müsse man nun mit anderen Parteien eine Einigung suchen. May tue damit genau das, was Staats- und Regierungschefs anderer EU-Staaten von ihr gefordert hätten, sagte Hunt.
Sein Vorgänger im Amt, Boris Johnson, sieht das noch immer anders. In einem Beitrag für den Daily Telegraph schrieb er: "Wir sollten nicht darauf eingehen, unter der von Corbyn vorgeschlagenen Kapitulation nicht stimmberechtigtes EU-Mitglied zu werden." Eine Zollunion mit der EU werde Großbriannien "versklaven", schrieb Johnson.