Europäische Union:Juncker sieht bei Johnsons Brexit-Vorschlag "problematische Punkte"

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EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker (Foto: AFP)
  • Großbritannien müsse vor allem in der Frage der irischen Grenze noch nachbessern, meint EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.
  • Ähnliche Signale gab es nach einem Sondertreffen von Botschaftern der EU-Staaten in Brüssel.
  • Johnson hatte die neuen Vorschläge für den Ausstiegsvertrag mit der EU am Mittwoch vorgelegt.
  • Hauptstreitpunkt bei den Brexit-Verhandlungen ist die Grenze auf der irischen Insel, die nach dem Brexit zu einer EU-Außengrenze würde.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat zurückhaltend auf die neuen Vorschläge aus Großbritannien zur Lösung des Brexit-Streits reagiert. Es bestünden weiterhin problematische Punkte in dem Vorstoß, teilte die EU-Kommission am Donnerstag mit. Großbritannien müsse vor allem in der Frage der irischen Grenze noch nachbessern. Zuvor hatte Juncker ein Telefonat mit dem irischen Ministerpräsidenten Leo Varadkar geführt.

Ähnliche Signale gab es nach einem Sondertreffen von Botschaftern der EU-Staaten in Brüssel. Es blieben offene Fragen, hieß es von Diplomaten. So sei zum Beispiel der Schutz des EU-Binnenmarktes in dem Vorschlag des britischen Premierministers Boris Johnson nicht ausreichend berücksichtigt. Die Brexit-Fachleute im Europaparlament äußerten sich noch kritischer: Auf dieser Basis sei keine Einigung möglich. Ähnlich sieht es auch die irische Regierung.

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Der Plan der britischen Regierung, wie auf der irischen Insel nach dem Brexit physische Grenzkontrollen vermieden werden sollen, ist kompliziert. Irland reagiert wenig begeistert.

Von Thomas Hummel und Thomas Kirchner

Johnson sieht hingegen Brüssel am Zug. "Wir haben große Flexibilität gezeigt", sagte der Regierungschef im Parlament in London. Nun sei es an der EU, Zugeständnisse zu machen. Sollten die Europäer keinen "entsprechenden Willen" zeigen, bliebe Großbritannien nichts anderes übrig, als am 31. Oktober ohne Abkommen auszuscheiden.

Johnson hatte die neuen Vorschläge für den Ausstiegsvertrag mit der EU am Mittwoch vorgelegt. Hauptstreitpunkt ist die Grenze auf der irischen Insel, die nach dem Brexit zu einer EU-Außengrenze würde, wo Waren eigentlich kontrolliert werden müssten. Die EU will Grenzanlagen um jeden Preis verhindern, sorgt sich aber gleichzeitig, dass über einen unbewachten 500 Kilometer langen Korridor Billiggüter in den EU-Binnenmarkt gelangen könnten. Auch die britische Regierung will die Grenze offen halten.

Johnson schlägt nun vor, auf der gesamten irischen Insel in bestimmten Bereichen des Handels einheitliche Regeln zu schaffen. Praktisch würde das etwa bedeuten, dass Lebensmittel, Agrarprodukte und Nutztiere aus Nordirland weiter EU-Regeln unterliegen. Nur so können sie problemlos nach Irland und damit in den Rest der Union exportiert werden. Gleiches soll für verarbeitete Güter gelten. Nordirland würde aber das Zollgebiet der EU verlassen.

Trotz aller Vorbehalte will die EU weiter versuchen, einen britischen EU-Austritt ohne Vertrag abzuwenden, wie die Sprecherin der EU-Kommission sagte. Man sei bereit, konstruktiv mit der britischen Seite zusammenzuarbeiten. Nun zähle aber jeder Tag. Der EU-Gipfel am 17. und 18. Oktober, bei dem der Brexit im Mittelpunkt stehen könnte, müsse rechtzeitig und gründlich vorbereitet werden.

© SZ.de/dpa/rtr/aner - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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