Biden empfängt Chinas Außenminister:Treffen in angespannter Atmosphäre

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Chinas Außenminister Wang spricht nach einem Treffen mit seinem amerikanischen Kollegen Blinken in Washington. (Foto: Jose Luis Magana/AP)

Um die Auseinandersetzungen zwischen den USA und China nicht weiter eskalieren zu lassen, trifft Chinas Außenminister Wang US-Präsident Biden. Und schon bald sollen die Staatschefs beider Länder wieder von Angesicht zu Angesicht sprechen.

Von Peter Burghardt, Washington

Bevor Chinas Topdiplomat in den USA eintraf, waren beide Länder wieder einmal fast zusammengestoßen. Am Dienstag näherte sich ein chinesischer Kampfjet im internationalen Luftraum über dem Südchinesischen Meer bis auf zehn Fuß, etwa drei Meter, einem amerikanischen Bomber vom Typ B-52. Unsicher, unprofessionell und unkontrolliert schnell sei die Maschine der Chinesen geflogen, klagte das US-Indopazifik-Kommando. Chinas Außenministerium konterte mit dem Vorwurf, US-Militärflugzeuge wollten ihre Macht vor Chinas Haustür demonstrieren, "was die Hauptursache für Sicherheitsrisiken auf See und in der Luft ist". China werde "weiterhin entschlossene Maßnahmen ergreifen, um die nationale Souveränität, Sicherheit und territoriale Integrität zu schützen".

In dieser Stimmungslage traf also Außenminister Wang Yi am Donnerstag in Washington ein. Er ist der bedeutendste Gast aus Peking seit Langem und sein Besuch die Fortsetzung der Bemühungen, die Auseinandersetzung nicht weiter eskalieren zu lassen. Im Juni hatte US-Außenminister Antony Blinken seinen Besuch in China nachgeholt und wurde dort auch von Präsident Xi Jinping empfangen, keine unwichtige Geste. Auch Finanzministerin Janet Yellen und Handelsministerin Gina Raimondo waren in China, der Nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan traf sich in den vergangenen Monaten zweimal mit Wang.

Jetzt revanchierte sich US-Präsident Joe Biden trotz des jüngsten Flugmanövers und lud den chinesischen Außenminister am Freitag ins Weiße Haus ein - die nächste Vorbereitung für ein noch wichtigeres Treffen, das bald stattfinden könnte.

Zuletzt haben sich Biden und Xi im November 2022 getroffen

Erst besprach sich Wang zweimal mit dem Kollegen Blinken, gemeinsames Dinner inklusive, und nachher mit dem Strategen Sullivan. Schließlich saß Xis Gesandter Wang im Roosevelt Room bei Biden, dem Blinken und Sullivan assistierten. Wenn nichts mehr dazwischenkommt, dann war dies die abschließende Ouvertüre für die Begegnung der beiden Staatschefs: Mitte November findet der Asien-Pazifik-Gipfel in San Francisco statt, Chinas Präsident Xi wird von Gastgeber Biden erwartet.

Obwohl sich die beiden Großmächte gerade um Entspannung bemühen, sagte Chinas Außenminister am Wochenende noch: Der Weg zum San-Francisco-Treffen werde "nicht glatt". Man werde dorthin nicht per "Autopilot" kommen. Will heißen: Es gibt noch einiges zu tun.

Gesprochen hatten der oberste Amerikaner und der oberste Chinese zuletzt während des G-20-Gipfels im November vergangenen Jahres auf Bali, in den USA war Xi zuletzt 2017. Damals beehrte er in Mar-a-Lago Donald Trump, seither wurde das Verhältnis der Weltmächte immer schlechter. Trump verhängte milliardenschwere Zölle auf chinesische Waren, es folgten Streitigkeiten über Technologie, die Pandemie, Menschenrechte - und vor allem Taiwan.

Im August 2022 reiste Nancy Pelosi auf die von China beanspruchte Insel. Im September 2022 antwortete Joe Biden mit "yes" auf die Frage, ob die USA Taiwan im Falle einer chinesischen Invasion verteidigen würden. Seine Sprecher besänftigten sogleich, die chinesische Führung war trotzdem empört. Dann schoss die US Air Force Anfang Februar 2023 vor der amerikanischen Küste einen mutmaßlichen Spionageballon ab, der tagelang Amerika überflogen hatte. Außerdem kommen die Zutaten für das Opioid Fentanyl, das Zehntausende Amerikaner umbringt, meistens aus China.

China schimpft über die USA: "Provokateur, Risikoträger und Spielverderber"

Und dann sind da die Kriege in der Ukraine und in Israel. Grob gesagt hoffen die USA, dass China seinen Einfluss in Moskau nützt und auch den in Teheran, damit sich die Katastrophe im Nahen Osten nicht ausweitet. Obendrein gibt es Zusammenstöße zwischen Schiffen aus China und von den Philippinen, einem US-Verbündeten, und zuweilen auch fast Kollisionen von Schiffen aus China und den USA. Peking zum Beispiel veröffentlichte ein Video, auf dem zu sehen ist, wie der Zerstörer USS Ralph Johnson vor einem chinesischen Marineschiff kreuzt. Die USA seien "der wahre Provokateur, Risikoträger und Spielverderber", klagte Chinas Verteidigungsministerium.

Doch beide Seiten bemühen sich auch darum, die Wogen zu glätten und im Gespräch zu bleiben. In den Beziehungen zwischen China und den USA werde es von Zeit zu Zeit ein paar schrille Stimmen geben, sagte Wang, als er am Donnerstag neben dem Kollegen Blinken stand. China gehe gelassen damit um, "denn wir sind der Ansicht, dass das, was richtig oder falsch ist, nicht davon abhängt, wer den stärkeren Arm oder die lautere Stimme hat".

Das Weiße Haus sendete nach dem Termin mit Biden ein kurzes Statement. Der US-Präsident habe betont, "dass sowohl die Vereinigten Staaten als auch China verantwortungsvoll mit dem Wettbewerb in ihren Beziehungen umgehen und offene Kommunikationswege pflegen müssen". Beide müssten "bei der Bewältigung globaler Herausforderungen zusammenarbeiten". Auch habe Biden seinem Besucher Wang zum Tod des ehemaligen Ministerpräsidenten Li Keqiang kondoliert.

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Wettbewerb und Geschäfte ja, direkter Konflikt nein, so ungefähr stellt sich Biden das Verhältnis zu China vor. Zusammenarbeit bei globalen Themen wie Klimawandel und künstliche Intelligenz sollen helfen, das Thema Taiwan unter Kontrolle zu halten. Biden betrachte das Treffen mit Wang als "positive Entwicklung", versicherte John Kirby, der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates. Biden rechne "fest damit, sich wieder mit Xi zu treffen. Wir sind zuversichtlich, dass dies geschehen wird". In gut zwei Wochen in Kalifornien soll es das nächste Mal so weit sein.

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