Gipfeltreffen:Biden umwirbt Afrika

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US-Präsident Joe Biden und Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa im September in Washington. (Foto: Manuel Balce Ceneta/AP)

Der US-Präsident möchte den Kontinent enger an den Westen binden und lädt 49 Staats- und Regierungschefs ins Weiße Haus. Doch viele Gäste sind skeptisch - auch wegen eines diplomatischen Missgeschicks.

Von Fabian Fellmann, Washington

Eigentlich beabsichtigte US-Präsident Joe Biden seinen afrikanischen Gästen ein Geschenk zu machen, indem er 49 Staats- und Regierungschefs zu einem dreitägigen Gipfeltreffen empfängt. Sein Vorgänger Barack Obama hatte das Format ins Leben gerufen, um die Verbindungen zum afrikanischen Kontinent zu verbessern. Dabei versprach der erste afroamerikanische US-Präsident eine neue Ära der Zusammenarbeit. Doch 2014 fand die Serie ein jähes Ende, die Versprechen blieben unerfüllt. Nun will Biden Obamas Ambition wiederaufleben lassen.

Doch die Gäste sind skeptisch, was Bidens neue Initiative bringen wird. In ihrer Wahrnehmung wird der Neuanfang von einem diplomatischen Missgeschick begleitet: Der US-Präsident richtet für die 49 Staats- und Regierungschefs einen dreitägigen Gipfel mit Staatsempfang und Galadiner aus - aber trifft keine Afrikaner zu bilateralen Treffen. Das verstärkt die Befürchtungen der Gäste, von den Gastgebern als monolithischer Block statt als Vertreter einzelner Länder mit sehr unterschiedlichen Interessen wahrgenommen zu werden. Als bloße Schachfiguren im Wettstreit der Supermächte also.

Das Weiße Haus sandte darauf Vizepräsidentin Kamala Harris und Außenminister Tony Blinken zu zahlreichen Treffen aus und ließ den Gästen dabei versichern, in den kommenden Monaten würden die US-Amerikaner die einzelnen Staatenlenker zu Hause besuchen. Zu entschärfen versuchte Biden die Kritik auch, indem er schon vor dem Gipfel sein Hauptgeschenk an die Afrikaner durchsickern ließ: Er wollte am Mittwoch vorschlagen, die Afrikanische Union in die G 20 aufzunehmen.

Das Thema Nahrungsmittelsicherheit drängt

Mit Südafrika ist bisher nur ein einziges afrikanisches Land Mitglied in dem Reigen der größten Volkswirtschaften. Macky Sall, Präsident von Senegal und aktuell der Afrikanischen Union, begrüßte Bidens Vorstoß. "Das wird helfen, eine starke und dynamischere Zusammenarbeit aufzubauen", sagte er in Washington nach einem Treffen mit Außenminister Blinken. Die Aufnahme in die G 20 ist eine alte Forderung der Afrikanischen Union; beispielsweise wurde dort die Bewältigung der Covid-19-Pandemie besprochen - und Afrika weitgehend außen vor gelassen.

Biden versprach zudem mehr Hilfe: 55 Milliarden Dollar wollen die USA in den kommenden Jahren in Afrika investieren, etwa für den Ausbau von Straßen, Internet und erneuerbare Energien. Die Handelsbeauftragte der Vereinigten Staaten, Katherine Tai, unterzeichnete inzwischen gemeinsam mit dem neuen Sekretariat der afrikanischen kontinentalen Freihandelszone AfCFTA "eine historische Absichtserklärung", wie es Biden am Mittwochabend nannte. Doch die in Aussicht gestellten Investitionen von 55 Milliarden Dollar wurden sofort den mehr als 60 Milliarden Dollar gegenübergestellt, die die USA bereits für den Krieg in der Ukraine reserviert haben. Insgesamt scheint Biden Mühe zu haben mit seinem Plan, die afrikanischen Staats- und Regierungschefs enger an die westliche Staatengemeinschaft zu binden, um die Abwehrfront gegen Russland und China zu stärken.

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Sowohl mit Russland als auch mit China pflegen viele der afrikanischen Länder rege Beziehungen. Und unter den Preisschocks für Nahrungsmittel, die Russlands Angriff auf die Ukraine nach sich gezogen hat, leiden die Menschen in den afrikanischen Ländern am meisten. Die Nahrungsmittelsicherheit und die Landwirtschaft gehören deshalb zu den wichtigsten Anliegen, welche die Gäste in den USA diskutieren wollen.

Mit dem südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa versuchte Biden schon im Vorfeld des Gipfels Fortschritte zu erzielen. Doch Südafrika weigert sich weiterhin, zum Beispiel UN-Resolutionen gegen Russland mitzutragen: Dort kursiert die Lesart, die westlichen Sanktionen hätten die Preissteigerungen ausgelöst, nicht der Krieg. Für die Amerikaner ist das Desinformation, die es zu bekämpfen gälte.

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