Berlin:Schlappe für Kai Wegner in Berlin

Lesezeit: 2 min

In zwei Wahlgängen verweigerten Teile der CDU und der SPD im Berliner Abgeordnetenhaus Kai Wegner die Gefolgschaft. (Foto: Sean Gallup/Getty Images)

Der CDU-Kandidat scheitert in den ersten beiden Wahlgängen, bevor er zum Regierenden Bürgermeister gewählt wird. Haben im dritten Durchgang auch Teile der AfD-Fraktion für Wegner votiert?

Von Miriam Dahlinger

Die Wahl zum Regierenden Bürgermeister von Berlin ist für Kai Wegner denkwürdig verlaufen: Der CDU-Kandidat verfehlte am Donnerstag die erforderliche absolute Mehrheit in den ersten beiden Wahlgängen. Nach mehreren Unterbrechungen wurde dann ein dritter Wahlgang angesetzt, dieser war für Wegner erfolgreich. Er erhielt 86 Ja-Stimmen, genau so viele, wie die Koalitionspartner CDU und SPD zusammen haben. Allerdings hatte auch die Berliner AfD-Fraktion erklärt, dass Teile der Fraktion im dritten Wahlgang für Wegner gestimmt habe. Die AfD hat 17 Abgeordnete. Wegner nahm die Wahl an.

In den ersten beiden Wahlgängen verpasste Wegner die nötige absolute Mehrheit von 80 Stimmen. Im ersten Anlauf bekam Wegner 71 von 159 Stimmen, dann wurde die Sitzung für eine halbe Stunde unterbrochen. Im zweiten Wahlgang stimmten 79 Abgeordnete für ihn, 79 gegen ihn. Es folgten zwei weitere Unterbrechungen. Der Ältestenrat wurde einberufen. Er solle rechtliche Fragen im Zusammenhang mit dem dritten Wahlgang klären, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Linken, Steffen Zillich. Denn zu einem dritten Wahlgang war es in Berlin bis dahin noch nie gekommen. Zuvor war ein Antrag der Grünen und der Linken auf eine Vertagung gescheitert.

Offen bleibt, wer aus den Reihen der künftigen Koalition gegen Wegner gestimmt hat. Nach den zwei gescheiterten Durchgängen hatten sich Politiker von CDU und SPD gegenseitig die Schuld zugewiesen. Die CDU hat im neuen Abgeordnetenhaus 52 Abgeordnete, die SPD 34. Zusammen verfügt die Koalition über 86 Stimmen und die Opposition aus Grünen, Linken und AfD über 73. In der SPD waren im Vorhinein Vorbehalte gegen eine schwarz-rote Koalition laut geworden. Mehrere Kreisverbände sowie die SPD-Jugendorganisation Jusos hatten gegen die Koalition mit der CDU mobil gemacht. Etliche Sozialdemokraten sprachen sich offen gegen ein Bündnis mit der CDU aus. Beim Mitgliedervotum der SPD fiel die Zustimmung zur Koalition mit 54,3 Prozent knapp aus. Bei den Berliner Christdemokraten hatte es keine öffentlichen Diskussionen über das schwarze-rote Bündnis gegeben. Die Berliner CDU stand hinter Kai Wegner, die Partei hatte sich einstimmig für ein gemeinsames Bündnis mit der SPD entschieden. Auch bei einem CDU-Parteitag war der Koalitionsvertrag ohne Gegenstimme durchgegangen.

Bei der Wahl am Donnerstag im Abgeordnetenhaus löste die Koalition von CDU und SPD das Bündnis aus SPD, Grünen und Linken am Donnerstag ab, Wegner wurde der erste Regierende Bürgermeister aus Reihen der CDU nach Eberhard Diepgen, der dieses Amt bis Juni 2001 innehatte. Die Christdemokraten waren als stärkste Partei aus der Wiederholungswahl im Februar hervorgegangen und verwiesen SPD und Grüne auf die Plätze. Giffey war daraufhin bereit, für die Koalition mit Schwarz-Rot ihr Amt aufzugeben, das sie bei einer Fortsetzung von Rot-Grün-Rot behalten hätte. Die Abstimmung im Februar war nötig geworden, weil es bei der regulären Abgeordnetenhauswahl im Herbst 2021 zahlreiche organisatorische Pannen gegeben hatte.

Der Fraktionschef der Grünen in Berlin, Werner Graf, sprach nach den gescheiterten Wahlgängen im Berliner Abgeordnetenhaus von einem "desaströsen Start" für die vorgesehene schwarz-rote Regierung. Es zeige die Zerrissenheit der SPD-Fraktion, sagte Graf. Ähnliches war nach dem ersten Wahlgang von den Linken zu hören: "Die erste Niederlage des Wegner-Giffey-Senats. 15 Stimmen unter Koalitionsmehrheit. Und das Chaos, das Giffey beenden zu müssen meinte, beginnt", twittert Carsten Schatz, Vorsitzender der Linksfraktion.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusMeinungSkandal in Berlin
:Die Unternehmenskultur bei den Berliner Verkehrsbetrieben ist unterirdisch

Die BVG werfen die eigene Chefin raus. Grund dafür: Sie hatte intern den Umgang mit Schwulen und Lesben kritisiert. Gewissenhafte Aufarbeitung? Von wegen!

Kommentar von Markus Balser

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: