Baden-Württemberg:CDU muss durchs grün-schwarze Fegefeuer

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Schwarz-grün-schwarz in Baden-Württemberg: Thomas Strobl, Landesvorsitzender der CDU, Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und CDU-Fraktionschef Guido Wolf (von links nach rechts). (Foto: dpa)

Ein Bündnis mit den Grünen: Das hätte einmal ein Jungbrunnen für die Union in Baden-Württemberg sein können. Jetzt kann es der Anfang ihrer Läuterung sein.

Kommentar von Heribert Prantl

Schwarz-Grün: Das geht glatt über die Lippen. Grün-Schwarz: Da stolpert man noch. Man wird sich daran gewöhnen. Ausgerechnet in Baden-Württemberg ist ja nun die grüne Partei die größte Partei und die CDU ist wohl ihr künftiger Juniorpartner. Das ist eine historische Konstellation. Vor ein paar Jahren hätte die CDU solche grün-schwarzen Verhandlungen empört als widernatürlich bezeichnet; aber die CDU in Deutsch-Südwest hat lernen müssen, dass sie nicht mehr die natürliche Regierungspartei ist; sie hat zu lange zu viele Fehler gemacht.

Die Quittung dafür ist die bittere Situation, in der sie sich jetzt befindet. Die CDU-Minister werden unter dem grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann regieren und dienen, und die Mehrheit der Menschen im Ländle findet das ganz wunderbar. Die Kretschmann-Grünen sind die neue CDU. Für die alte CDU aber kann die grün-schwarze Koalition das Fegefeuer sein, in dem sie womöglich wieder eine neue CDU wird und verlorene Leutseligkeit und Glaubwürdigkeit zurückgewinnt. Der Beginn der Koalitionsverhandlungen der CDU mit den Grünen könnte der Anfang der Läuterung und Erneuerung der schwäbischen Schwarzen sein.

Die Koalition mit Grün hätte die CDU früher billiger haben können

Die Christdemokraten in Baden und in Württemberg hatten viele Jahre lang nicht erkannt, dass es einen neuen, modernen Konservativismus im Land gibt. Diesem aufgeklärt-bürgerlich-ökologischen Konservativismus haben nicht sie, sondern die Kretschmann-Grünen eine Heimat gegeben.

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Kommentar von Josef Kelnberger, Stuttgart

Die Christdemokraten in Deutsch-Südwest haben die grünen Zeichen dieser Zeit sehr lange nicht gesehen - obwohl diese Zeichen etwa in Freiburg, in Tübingen und in Stuttgart kräftig blinkten. Die CDU könnte heute in ihrem alten Stammland viel besser dastehen, wenn sie sich schon vor Jahren oder gar vor über zwei Jahrzehnten auf ein Bündnis mit den Grünen eingelassen hätten.

Kretschmann wollte ein schwarz-grünes Bündnis schon 1992, der damalige Ministerpräsident Erwin Teufel wollte es auch - aber die Alt-Konservativen in der Südwest-CDU haben es verhindert. Die CDU hätte sich wohl damals in einer schwarz-grünen Koalition frühzeitig mit ein paar Zweifeln an der Atompolitik infiziert, sie wäre womöglich rechtzeitig aus ihrer politischen Trägheit und ihrer Selbstgefälligkeit erwacht.

Nun hat der Wähler erzwungen, was die CDU früher billiger hätte haben können. Einst hätte Schwarz-Grün ein Jungbrunnen sein können für die Christdemokraten. Weil sie in diesen Brunnen nicht gesprungen sind, müssen sie nun ins Fegefeuer, in die grün-schwarze Koalition, also in eine Art politische Wiederaufarbeitungsanlage - um dann, vielleicht bei der nächsten Landtagswahl, Boden, Land und Leute wiederzugewinnen.

Bodenständigkeit, Bürger, Landtag und ewige Zustimmung hat eine Partei nicht gepachtet. Die CDU hat das auf bittere Weise erfahren. Nun werden die Grünen aufpassen müssen, dass sie sich nicht auf den Lorbeeren von Winfried Kretschmann ausruhen. Auch dieser Lorbeer welkt.

© SZ vom 31.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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