Atom-Gespräche mit Iran:Bloß kein Abkommen

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Nahöstlicher Seismograf: Wenn sich Iran und der Westen annähern, poltert Israels Premier Benjamin Netanjahu los. (Foto: Abir Sultan/dpa)
  • Bei der Münchner Sicherheitskonferenz demonstrierten US-Außenminister John Kerry und sein iranischer Kollege Mohammed Sarif Einigkeit im Atomstreit. Sehr zum Missfallen von Israels Ministerpräsident Netanjahu.
  • Die Reaktionen zeigen, wie zerrüttet das Verhältnis zwischen den eigentlich engen Verbündeten USA und Israel ist.
  • Obamas innenpolititsche Kontrahenten nutzen den Zwist aus, um Stimmung gegen den US-Präsidenten zu machen. So hatte der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses Netanjahu eingeladen, vor dem Kongress zu reden.
  • Netanjahu nutzt die Situation wiederum als Wahlkampfbühne. Im März wählen die Israelis ein neues Parlament.

Von Peter Münch, Tel Aviv

Wenn es Fortschritte zu verzeichnen gibt in den Atom-Gesprächen des Westens mit Iran, dann erfährt man das eher selten von den Beteiligten selbst. Der Seismograf, der alles erfasst, sitzt vielmehr in Jerusalem: Ein Poltern des israelischen Premiers darf als sicheres Anzeichen dafür gelten, dass sich die Verhandlungspartner annähern. Kein Wunder also, dass es auf der nach oben offenen israelischen Empörungs-Skala nun wieder kräftige Ausschläge gab, als sich US-Außenminister John Kerry und sein iranischer Kollege Mohammed Sarif auf der Münchner Sicherheitskonferenz gleich zweimal zusammensetzten und hinterher unisono die Losung ausgaben, dass ein Rahmenabkommen im vorgegebenen Zeitrahmen bis Ende März angestrebt werde.

US-Präsident Barack Obama machte am Montag allerdings klar, dass er die Frist für Iran nicht noch einmal verlängern werde, falls es bis 30. Juni keine grundlegende Vereinbarung gebe.

"Die großen Mächte und Iran galoppieren in Richtung eines Abkommens, das es Iran erlauben wird, sich mit Nuklearwaffen auszustatten", urteilt Benjamin Netanjahu - und schickt gleich eine Warnung hinterher: "Wir werden alles tun und in jeder Art und Weise handeln, um diese schlechte und gefährliche Vereinbarung zu durchkreuzen, die eine düstere Wolke über die Zukunft des israelischen Staats schickt." Wie genau dieses Handeln aussehen könnte, lässt der Premier im Unklaren.

Nach längerer Zurückhaltung glaubt allerdings kaum noch einer, dass er damit wieder an Israels alte Drohung mit einem militärischen Alleingang anknüpfen will. Davon hatte ihm schon der eigene Sicherheitsapparat so heftig abgeraten, dass es sogar nach außen drang. Vielmehr scheint Netanjahu damit begründen zu wollen, warum er angesichts der vermeintlichen Gefahr jetzt den Kampf mit dem engsten Verbündeten USA aufnehmen muss.

Offene Einmischung in die US-Innenpolitik

Als Schauplatz dafür ist bereits eine Rede Netanjahus vor dem US-Kongress am 3. März ausersehen. Eingeladen hat ihn der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, John Boehner. Man hofft, dass Netanjahu ebendort Obama in Sachen Iran in die Parade fährt. Netanjahu verspricht sich davon Vorteile im Wahlkampf. Aber er hatte wohl kaum mit dem Sturm gerechnet, den er mit dieser recht offenen Einmischung in die US-Innenpolitik entfacht hat.

Erst verweigerten ihm Obama und Kerry ein Treffen, dann drohten demokratische Abgeordnete mit einem Boykott der Rede. Dann ließ Vizepräsident Joe Biden wissen, er sei verhindert. Zuletzt forderten sogar jüdische Verbände in den USA von Netanjahu, den Auftritt abzublasen. Selten war das Verhältnis zu den USA so zerrüttet. Als listige Strafaktion gegen Netanjahu darf die demonstrative Zuneigung gelten, mit der Biden und Kerry auf der Münchner Konferenz seinen Herausforderer Isaac Herzog in die Arme schlossen. Doch Netanjahu hält eisern an seinen Redeplänen fest - gerade jetzt müsse er Flagge zeigen. Doch es könnte gut sein, dass nach seinem Auftritt alle Welt nur über leere Stühle im Auditorium spricht.

© SZ vom 10.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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