Neue Verteidigungsministerin:Fragwürdiger Richtungswechsel

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Rückwärts marsch: Immer wieder hat CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer beteuert, nicht in Merkels Kabinett eintreten zu wollen. Aber bevor sich Jens Spahn im Verteidigungsministerium profiliert, macht sie es lieber selbst.

Kommentar von Nico Fried, Berlin

Angela Merkel und Annegret Kramp-Karrenbauer sind in der deutschen Politik inzwischen das, was ein Tischfeuerwerk auf einem Kindergeburtstag ist: Sie stecken voller Überraschungen. Im Frühjahr 2018 präsentierte die Kanzlerin die damalige saarländische Ministerpräsidentin als neue Generalsekretärin der CDU. Ein halbes Jahr später kündigte Merkel ihren Verzicht auf den Parteivorsitz an, obwohl sie zuvor noch den gegenteiligen Eindruck erweckt hatte. AKK wurde ihre Nachfolgerin und ließ immer wieder wissen, sie wolle nicht ins Kabinett. Nun hat es wieder "Peng!" gemacht - und Kramp-Karrenbauer wird neue Verteidigungsministerin in der Regierung Angela Merkels.

Den beiden Damen ist damit ein großer Coup gelungen. Größer ist nur noch die Erklärungsbedürftigkeit dieser Entscheidung. Merkel immerhin ist ihrer Neigung treu geblieben, jenseits etwaiger Erwartungen in und außerhalb der CDU bei der Personalauswahl fantasievoll vorzugehen, man könnte auch sagen: eigenwillig. Bei Verteidigungsministern hatte sie dabei allerdings bislang nie eine wirklich glückliche Hand: Franz-Josef Jung, Karl-Theodor zu Guttenberg und Thomas de Maizière standen, vorsichtig formuliert, am Ende ihrer Amtszeit nicht besser da als vorher. Und die Bundeswehr auch nicht. Ursula von der Leyen hat ihren neuen Job als EU-Kommissionspräsidentin einigen unbestreitbaren Kompetenzen zu verdanken, aber gewiss nicht einer herausragenden Amtsführung an der Spitze des Verteidigungsressorts.

Bevor sich ein anderer auf dem bedeutenden Posten profiliert, macht sie es lieber selbst

Annegret Kramp-Karrenbauer hingegen muss nun als Erstes die Frage beantworten, warum sie entgegen aller bisherigen Beteuerungen plötzlich doch Ministerin werden will. Die Begründung muss gut sein, sonst wird ihre Glaubwürdigkeit durch das abrupte Wendemanöver nachhaltig beschädigt. Es waren ja nicht nur gegenteilige Äußerungen noch bis in die vergangenen Tage hinein - während ihrer ganzen Kampagne auf dem Weg in den Parteivorsitz hatte sich Kramp-Karrenbauer der Erneuerung der Partei jenseits des Regierungshandelns verschrieben. Dass diese Erneuerung nach einem halben Jahr bereits abgeschlossen wäre, kann man schwerlich behaupten. Das Einzige, was Kramp-Karrenbauer jetzt erneuert, ist ihr persönlicher Machtanspruch.

Bevor sich ein anderer auf dem bedeutenden Posten profiliert, zum Beispiel Jens Spahn, macht sie es lieber selbst. Die Ministerin Kramp-Karrenbauer soll der glücklosen Parteivorsitzenden Kramp-Karrenbauer helfen, ihr ramponiertes Ansehen wieder aufzupolieren. Sie wird den Soldatinnen und Soldaten erklären müssen, warum sie die Bundeswehr offenbar in erster Linie als Zwischenstation ihrer persönlichen Karriereplanung betrachtet. Denn wenn Kramp-Karrenbauer weiter das Ziel hat, Nachfolgerin Merkels als Kanzlerin zu werden, dann könnte ihre Zeit im Verteidigungsressort schon in zwei Jahren wieder enden. Wenn Kramp-Karrenbauer allerdings ähnlich lange braucht, sich in die neue Regierungsaufgabe einzuarbeiten, wie in den Parteivorsitz, dann stehen der Bundeswehr harte Zeiten bevor. Und der CDU auch.

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Bundesverteidigungsministerium
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