Umgang mit der AfD:Chef der CDU-Grundwertekommission tritt zurück

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Eckte mit seinen Äußerungen über eine "Brandmauer-Hysterie" bei führenden Christdemokraten erheblich an: der Geschichtswissenschaftler Andreas Rödder. (Foto: Mauersberger/Imago)

Der Historiker Andreas Rödder hatte Minderheitsregierungen seiner Partei ins Spiel gebracht - und damit heftige Kritik ausgelöst.

Von Robert Roßmann, Berlin

Der Historiker Andreas Rödder hat nach heftiger Kritik aus der CDU die Leitung der CDU-Grundwertekommission niedergelegt. In einem Brief an Parteichef Friedrich Merz schreibt Rödder, "mehrere Repräsentanten der CDU" hätten einen Satz aus seinem Interview mit dem Stern "bewusst missinterpretiert". Führende Vertreter der Partei hätten "unwidersprochen persönliche Diskreditierungen und sachliche Unwahrheiten verbreitet". Er weise die Vorwürfe, er habe "die Grundwerte unserer Partei verlassen, in aller Form zurück".

CDU-Chef Merz habe "deutlich gemacht, dass ich mich zwischen meiner intellektuellen Freiheit und der Leitung der Grundwertekommission entscheiden müsse", schreibt Rödder. Die Freiheit als Bürger und Wissenschaftler sei aber die unverhandelbare Grundlage seines politischen Engagements als Christdemokrat, "daher bleibt mir keine andere Wahl, als die Leitung der Grundwertekommission niederzulegen". Über den Rückzugs Rödders hatte zuerst das Online-Portal Nius berichtet.

Rödder beklagte auch eine "Brandmauer-Hysterie"

Nachdem im Thüringer Landtag ein Gesetzentwurf der CDU zur Senkung der Grunderwerbsteuer mit Stimmen von AfD und FDP beschlossen worden war, hatte es in der Union eine heftige Debatte darüber gegeben, ob die Thüringer CDU damit die Brandmauer zur AfD eingerissen habe. Rödder hatte das Verhalten der Landespartei vehement verteidigt. "Wenn die CDU einen Antrag einbringt und dafür eine Mehrheit erhält, ist das normales parlamentarisches Verhalten", sagte Rödder dem Stern. Die Union dürfe sich nicht davon treiben lassen, "ob die AfD zustimmt oder die Grünen widersprechen - sie sollte gar nicht nach der AfD schielen". Denn diese "Brandmauer-Hysterie" führe nur dazu, dass die AfD immer mehr Zulauf erhalte. Die CDU sollte sich deshalb "weder formell noch informell danach richten, was die AfD tut - wenn sie aber aus Überzeugung eine Gesetzesvorlage einbringt, ist es völlig egal, wer zustimmt".

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Auf die Nachfrage, dass mit dieser Argumentation die Thüringer CDU nach der nächsten Wahl doch eine von der AfD tolerierte Minderheitsregierung bilden könnte, antwortete Rödder: "Die entscheidende Frage wäre: Ist es eine Minderheitsregierung, die sich ihre Mehrheit immer wieder neu suchen muss? Dann ist es völlig in Ordnung. Problematisch wäre es erst, wenn sich die CDU offiziell von der AfD tolerieren ließe und dafür Absprachen eingehen würde. Das wäre eine rote Linie."

Rödders Einlassungen seien "völlig inakzeptabel", fand CDU-Vize Prien

Die Aussage Rödders hatte in Teilen der CDU heftigen Protest ausgelöst. Rödder überschreite an dieser Stelle seine Kompetenzen, fand die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Karin Prien. Derartige Einlassungen, "die zudem weder vom Präsidium noch vom Bundesvorstand der CDU gedeckt" seien, seien "völlig inakzeptabel". Ziel der CDU sei es, stärkste Kraft zu werden und mit anderen demokratischen Parteien Koalitionen zu bilden; "sich in irgendeiner Art und Weise von der AfD abhängig zu machen, ist völlig ausgeschlossen". Auch Ex-Parteichef Armin Laschet und der stellvertretende CDU-Vorsitzende Andreas Jung hatten sich deutlich von Rödder distanziert.

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hatte der Süddeutschen Zeitung Ende vergangener Woche gesagt: "Eine solche Minderheitsregierung kommt für uns nicht in Frage, wir machen uns nicht zum Spielball der politischen Ränder." Auf die Frage, ob Rödder dann noch Chef der Grundwertekommission bleiben könne, antwortete Linnemann: "Rödder spricht nicht für die CDU." Außerdem habe die Kommission "ihre Arbeit schon vor einem Jahr abgeschlossen". Jetzt hat Rödder den Vorsitz von sich aus niedergelegt.

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