In den Augen von Jeremy Scahill ist Obama ist nicht so schlimm wie Cheney und Bush, die er für Kriegsverbrecher hält. Aber der ehemalige Verfassungsrechtsprofessor Obama verleiht deren Methoden Legitimität. "Würde John McCain genauso vorgehen, dann würden die demokratischen Parlamentarier seine Amtsenthebung fordern", meint er.
Zwei Soldaten steuern von der Holloman Air Force Base in New Mexico aus amerikanische Drohnen.
(Foto: REUTERS)Breiten Raum in "Schmutzige Kriege" nimmt der Fall Anwar al-Awlaki ein: Der im US-Bundesstaat New Mexico geborene Prediger wurde Ende September 2011 im Jemen mit einer Drohne getötet. Laut Scahill hätten die Amerikaner den US-Staatsbürger festsetzen und anklagen können: "Obama, Mister constitutional law professor, hat sich hingegen entschieden, selbst Ankläger, Verteidiger und Jury zu sein. Er hat sein Urteil gesprochen und al-Awlaki wurde hingerichtet."
In den vergangenen Monaten ist Scahill viele durch die USA gereist. Dort erhält er viel Zuspruch, wie er sagt. Es entstehe eine Koalition aus Leuten, die sich Sorgen machten um die amerikanische Außenpolitik. Sie setzt sich zusammen aus linken Amerikanern und libertären Fans von Ron und Rand Paul - aber auch Angehörige von Soldaten und aktive Militärs danken Scahill für seine Recherchen. Selbst CIA-Agenten kamen nach Lesungen zu ihm und signalisieren Zustimmung, berichtet er.
Scahill hat zuletzt einige Wochen in Brasilien verbracht, wo er mit Glenn Greenwald an Geschichten aus dem Material des NSA-Whistleblowers Edward Snowden arbeitete. Auch die Dokumentarfilmerin Laura Poitras ist beteiligt. Details kann er nicht nennen, aber: "Wir haben erst die Spitze des Eisbergs gesehen."
Für Scahill, der viel mit anonymen Tippgebern kooperiert, sind Snowden und Chelsea Manning Helden. Trotz Obamas Feldzug gegen Journalisten und Whistleblower hofft er in der Zukunft auf weitere Leaks: "Mut fördert Mut."
Linktipps: Ein Süddeutsche.de-Gespräch mit Jeremy Scahill zu seinem Buch über die Blackwater-Söldner aus dem Jahr 2007 können Sie hier nachlesen. Mehr Informationen über das Projekt "Schmutzige Kriege" von Jeremy Scahill gibt es beim Kunstmann Verlag sowie auf dirtywars.org. Der Autor stellt sein Buch am 16. Oktober in Hamburg, am 17. Oktober in Berlin und am 21. Oktober in Potsdam vor.