Spendenaffäre:Bei sich selbst nimmt die AfD das Gesetz nicht so genau

Die AfD inszeniert sich gerne als Law-and-Order-Partei und als Verkörperung der Rechtschaffenheit. Doch die Partei ist selbst in ominösen Niederungen angekommen.

Kommentar von Nicolas Richter

Nun ist die Alternative für Deutschland (AfD) dem angeblich so korrupten Establishment, das sie zu bekämpfen vorgibt, wieder ein bisschen näher gerückt. Früher oder später geraten leider viele europäische Parteien in Spendenskandale; die AfD aber fällt damit auf, dass sie sich ihre erste Spendenaffäre geleistet hat, noch bevor sie überhaupt in den Bundestag eingezogen ist.

Im Kern klingt diese Affäre seltsam vertraut: Ein Gönner benutzt eine Schweizer Firma, um einer deutschen Partei Geld zu schicken. Man denkt da gleich an die Stiftung Norfolk aus der CDU-Spendenaffäre - Schweizer Konten, das lässt an das vorige Jahrhundert denken. Aber es geht jetzt nicht um alte Sünden der Union, sondern um neue der AfD, die sich für die Partei der Rechtschaffenen hält. Nun hat auch sie ein Problem mit der Schweiz; diesmal hat sich ein geheimnisvoller Finanzier offenbar hinter einer Drogeriefirma versteckt.

In solchen Niederungen ist die AfD nun angekommen. Schwierig ist das für den mit der Finanzaufsicht überforderten Landesverband Baden-Württemberg, vor allem aber für Alice Weidel, die sich als Co-Fraktionschefin im Bundestag gerne als Verkörperung der Aufrichtigkeit darstellt. Sie unterstellt den Etablierten, "in Hinterzimmern" am Volk vorbeizudealen; einmal fragte sie im Parlament: "Haben Sie eigentlich alle gar kein Unrechtsbewusstsein mehr?"

Diese Frage richtet sich nun an Weidel und ihre Partei. Weidel sagt, sie kenne den Spender nicht, das Geld sei zurückgeschickt worden und sie selbst sei nicht zuständig gewesen. (Auch diese Ausflüchte klingen vertraut.) Sie tut so, als sei der Schatz im Bodensee außerhalb ihrer Reichweite gewesen und ohnehin nie gehoben worden. Aber das ist irreführend.

Die Spende war hoch verdächtig, Weidel konnte das schwerlich entgehen. Erstens wegen der Höhe von 130 000 Euro und der Stückelung in 18 Tranchen. Zweitens weil sie aus der Schweiz stammte, von deren Firmen oder Bürgern deutsche Parteien kein Geld annehmen dürfen. Drittens war das Thema Schweiz damals schon heikel, weil bereits der Verdacht im Raum stand, die AfD werde über Umwege von dort aus unterstützt.

All dies hätte Weidel alarmieren müssen, in ihrer Eigenschaft als Unternehmensberaterin und als Spitzenkandidatin. Statt aber auf sofortige Rückzahlung zu dringen, tat Weidel monatelang: nichts. Erst im Januar 2018 will sie beim Landesverband eine "abschließende Klärung" angeregt haben, wobei unklar ist, was es bei einer offensichtlich illegalen Spende noch zu klären gab. Der Bundestag, der sofort hätte informiert werden müssen, blieb ahnungslos. Und es dauerte noch drei Monate, bis die Spende wieder beim Absender war. In der Zwischenzeit hatte der AfD-Kreisverband von dem Konto mit dem Schweizer Geld für 16 000 Euro Weidels Anwaltsrechnungen beglichen. Die AfD hat sich also aus dem Schatz im Bodensee bedient.

Jetzt will die Staatsanwaltschaft ermitteln, und schon räumt die AfD ein, dass es noch eine zweite dubiose Spende gegeben hat, diesmal 150 000 Euro aus Belgien.

Im Bundestag sagte Weidel einmal, die AfD sei angetreten, damit Deutschland "endlich zur Rechtsstaatlichkeit" zurückkehre. Es ist wie so oft bei erklärten Law-and-Order-Leuten: Bei sich selbst nehmen sie es mit dem Gesetz nicht so genau.

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Die Partei erhielt 150 000 Euro von einer belgischen Organisation und schickte das Geld nach drei Monaten zurück. Die Bundestagsverwaltung war zunächst nicht informiert.

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