Parteispenden-Skandal:AfD räumt zweite Geheimspende an Weidels Kreisverband ein

  • Der AfD-Kreisverband von Bundestagsfraktionschefin Alice Weidel hat neben der Großspende aus der Schweiz eine weitere Geldsumme von 150 000 Euro aus Belgien erhalten.
  • Der Kreisverband Bodenseekreis habe weder die Spenderidentität noch die Spendermotivation zweifelsfrei feststellen können, weshalb er letztlich beschloss, das Geld nicht anzunehmen, heißt es von der Partei.
  • Das Geld sei "in voller Höhe" an den Absender rücküberwiesen worden.

Von Sebastian Pittelkow, Nicolas Richter und Katja Riedel

Der AfD-Kreisverband der Co-Fraktionschefin im Bundestag, Alice Weidel, hat Anfang 2018 eine weitere, zunächst geheime Auslandsspende erhalten. Sie beläuft sich auf 150 000 Euro. Süddeutsche Zeitung, NDR und WDR hatten davon erfahren und am Mittwoch eine Anfrage an die AfD gerichtet. Am späten Abend erklärte die Partei, sie habe die Bundestagsverwaltung über den Vorgang "in Kenntnis gesetzt". Demnach habe der Kreisverband Bodenseekreis der AfD-Bundesgeschäftsführung die Kopien zweier Kontoauszüge geschickt. Einer davon weise einen "Geldeingang" in Höhe von 150 000 Euro am 13. Februar aus, überwiesen von "Stichting Identiteit Europa", nach AfD-Angaben "anscheinend eine belgische Stiftung".

Der AfD-Kreisverband Bodenseekreis habe weder die Spenderidentität noch die Spendermotivation zweifelsfrei feststellen können, weshalb er letztlich beschloss, das Geld nicht anzunehmen. Deswegen sei auch keine Anzeige bei der Bundestagsverwaltung erfolgt. Am 9. Mai 2018 sei das Geld "in voller Höhe" an den Absender rücküberwiesen worden.

Dies deckt sich mit Erkenntnissen von SZ, NDR und WDR, wonach ein Kontoauszug des AfD-Kreisverbands Bodenseekreis zum 21. März 2018 einen Kontostand in Höhe von 255 000 Euro aufwies. Neun Monate früher, also im Sommer 2017, lagen nur knapp tausend Euro auf dem Konto. Anschließend ging eine in 18 Tranchen gestückelte Spende aus der Schweiz in Höhe von 130 000 Euro ein, von dem Geld wurden im Oktober 2017 Anwaltskosten in Höhe von 16 000 Euro beglichen, somit blieben im Herbst etwa 114 000 Euro übrig. Bis zum Frühjahr wuchs das Guthaben dann noch mal um 150 000 Euro an.

Spenden über 50 000 Euro müssen der Bundestagsverwaltung gemeldet werden

Der AfD zufolge habe der Kreisverband zunächst geprüft, wie er mit dem Geld umgehen sollte, und habe es nicht als Spende eingestuft. Parteispenden aus dem EU-Land Belgien sind grundsätzlich nicht rechtswidrig, allerdings müssen Spenden in Höhe von mehr als 50 000 Euro grundsätzlich der Bundestagsverwaltung gemeldet werden. Wie schon die Schweizer Spende wurde auch diese nicht an die Bundestagsverwaltung gemeldet.

SZ, NDR und WDR hatten am Wochenende erstmals über die 130 000-Euro-Spende aus der Schweiz berichtet. Sie ging an die AfD, war aber mit dem Hinweis "Wahlkampfspende Alice Weidel" versehen. Sie stammt von einem Unternehmen namens PWS Pharmawholesale International AG, das seinen Sitz heute in Zürich hat. Der Verwaltungsrat der Firma erklärte, der Geschäftsführer von PWS habe das Geld "treuhänderisch" im Auftrag eines "Geschäftsfreundes" überwiesen. Wer dieser Spender ist, bleibt unklar. Spenden aus der Schweiz an deutsche Parteien sind nach deutschem Recht illegal. Die AfD hätte die Spende an die Bundestagsverwaltung melden müssen, unterließ dies aber. Weidel, die im Kreisverband Bodenseekreis als AfD-Spitzenkandidatin zur Bundestagswahl angetreten war, hat auf Anfrage eingeräumt, dass sie seit September 2017 von der Spende wusste. Die Staatsanwaltschaft Konstanz hat inzwischen Ermittlungen gegen sie eingeleitet wegen eines möglichen Verstoßes gegen das Parteiengesetz.

Mit der internen Prüfung der Zahlungseingänge aus der Schweiz und Belgien betraute die AfD nach eigenen Angaben den Staatsrechtler Karl Albrecht Schachtschneider. Zum Fall der Spende aus der Schweiz erklärte er: "Die Unterlassung der unverzüglichen Anzeige des Zahlungseinganges aus der Schweiz war keinesfalls fahrlässig, schon gar nicht vorsätzlich und somit kein schuldhaftes Zögern. Der Zahlungsvorgang ist Frau Weidel in keiner Weise anzulasten. Im Fall der Stiftung aus Belgien hat Frau Weidel entschieden, dass die Spende nicht angenommen wird, sondern die Zahlung zurücküberwiesen wird. Das Handeln von Frau Weidel war korrekt."

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Es geht um gut 130 000 Euro, die aus der Schweiz auf ein Konto der Partei geflossen sind. Neben der Abgeordneten sei auch der Bundestagspräsident bereits am Mittwoch schriftlich informiert worden - das sind Voraussetzung für Ermittlungen.

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