Geheimtreffen:AfD-Politiker sollen mit Rechtsextremisten Vertreibungspläne gegen Einwanderer geschmiedet haben

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Eine AfD-Demonstration im Jahr 2022 in Berlin (Symbolfoto). (Foto: IMAGO/IPON)

Einem Bericht zufolge haben hochrangige AfD-Mitglieder mit prominenten Vertretern der rechtsextremen Szene vor wenigen Wochen über die "Remigration" von Millionen Menschen aus Deutschland gesprochen. Die Partei weist eine direkte Beteiligung zurück.

Von Roland Preuß

Spitzenpolitiker der AfD bezeichnen ihre Partei gern als "bürgerlich", als "konservativ", als "Rechtsstaatspartei". Dabei vernetzt sich die AfD offenbar immer stärker mit Rechtsextremisten. Vertreter der Partei trafen sich nach einem Bericht des Recherchenetzwerks Correctiv Ende November in einem Landhotel bei Potsdam mit Figuren aus dem rechtsextremen Spektrum, um darüber zu sprechen, wie eine Machtübernahme von rechts außen gelingen und was dann passieren soll. Dabei diskutierten die gut zwei Dutzend Teilnehmer dem Bericht zufolge insbesondere darüber, wie man die "Remigration" von Zuwanderern aus Deutschland in Gang setzen könne, also eine Aussiedlung von Millionen Migranten - und zwar auch von Deutschen aus Einwandererfamilien.

Von der AfD nahmen demnach neben anderen der frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Roland Hartwig, die Bundestagsabgeordnete Gerrit Huy sowie der AfD-Fraktionsvorsitzende in Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, an dem Treffen teil. Dazu eingeladen hatte Gernot Mörig, ein ehemaliger Zahnarzt aus Düsseldorf, der früher Vorsitzender des rechtsextremen Bundes Heimattreuer Jugend (BHJ) war. Laut seines Einladungsschreibens, das die SZ in Auszügen einsehen konnte, kündigte Mörig an, dass Martin Sellner bei dem Treffen ein "Gesamtkonzept im Sinne eines Masterplans" vorstellen werde.

Die Bundes-AfD teilt mit, das Treffen sei kein AfD-Termin gewesen

Sellner gilt in der rechtsextremen Szene als Vordenker, er hat mehrere Bücher veröffentlicht, etwa "Regime Change von rechts. Eine strategische Skizze" oder "Bevölkerungsaustausch und Great Reset". In Letzterem übernimmt der Österreicher Sellner die in rechtsextremen Kreisen populäre Verschwörungserzählung, dass die angestammte Bevölkerung Europas ersetzt werden solle durch Zuwanderer, befördert durch "globalistische" und linke Eliten. Bei dem Treffen wurde laut Correctiv debattiert, wie diese angebliche Entwicklung umgekehrt werden könne.

Ein weiterer Einlader war dem Bericht zufolge Hans-Christian Limmer, Gesellschafter der Burgerkette "Hans im Glück". Limmer distanzierte sich zwar von den Inhalten des Treffens und erklärte, er habe bei der Planung keine Rolle gespielt. Dennoch teilte die Geschäftsführung von Hans im Glück am Mittwoch mit, man trenne sich infolge der Vorwürfe vom Mitgesellschafter Hans-Christian Limmer "mit sofortiger Wirkung".

Die Bundes-AfD teilte auf Anfrage mit, das Treffen sei kein AfD-Termin gewesen. Die Partei werde ihre Haltung zur Einwanderungspolitik, die im Parteiprogramm nachzulesen sei, nicht wegen einer Einzelmeinung eines Vortragenden auf einem Treffen "abändern". Laut Parteiprogramm und ihren Anträgen im Bundestag fordert die AfD zwar einen Stopp der Asylzuwanderung und eine Abschiebung von Ausreisepflichtigen, nicht jedoch eine Ausreise von Menschen, die deutsche Staatsbürger mit Migrationshintergrund sind. Dies liefe auf eine Aufteilung von Deutschen nach Herkunft oder Hautfarbe hinaus, nach dieser völkischen Ideologie hätte jemand ohne urdeutsche Herkunft das Land zu verlassen.

Roland Hartwig gilt als Vertrauter der Co-Parteichefin Alice Weidel

Der Bericht von Correctiv äußert den Verdacht, dass auch die Bundes-AfD inzwischen als rechtsextrem einzustufen ist. Denn die Teilnehmer der AfD an dem Treffen gelten nicht als Hinterbänkler. Gerrit Huy verantwortet in der AfD-Bundestagsfraktion die Themen Arbeit und Soziales sowie Finanzen, Roland Hartwig gilt als Vertrauter der Co-Parteichefin Alice Weidel. Er hatte auf dem jüngsten AfD-Parteitag im Sommer in Magdeburg einen Antrag des Bundesvorstands vertreten für den Beitritt der AfD zur Europapartei Identität und Demokratie (ID). Die AfD erklärte, Herr Hartwig habe auf dem Treffen lediglich auf Einladung ein Social-Media-Projekt vorgestellt. Er habe dort keine politischen Strategien erarbeitet, er habe nicht gewusst, dass der Rechtsextremist Sellner zu dem Treffen erscheinen werde.

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Die AfD wird vom Bundesamt für Verfassungsschutz bereits als rechtsextremer Verdachtsfall geführt. Einzelne Landesverbände, etwa die in Sachsen-Anhalt und Thüringen, sowie die Jugendorganisation der Partei werden von Verfassungsschutzbehörden als gesichert rechtsextrem bezeichnet. Derzeit klagt die Bundes-AfD vor dem Oberverwaltungsgericht Münster gegen die Einstufung des Bundesamts für Verfassungsschutz. Nach einer Entscheidung, die frühestens Ende Februar erwartet wird, könnte der Verfassungsschutz darüber entscheiden, ob auch die Bundes-AfD als rechtsextremistisch eingestuft wird.

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