Beliebte Vornamen:Wieso bitte Tobias?

Lesezeit: 2 min

Valentina? Malea? Österreich und die Schweiz setzen bei den Vornamen ganz eigene Trends. (Foto: Fabian Strauch/dpa)

Emilia, Noah, Elias: Bei den beliebtesten Babynamen im deutschsprachigen Raum dominiert Biblisches - manche Namen aber tauchen nur in Österreich und der Schweiz auf.

Von Martin Zips

Seit einigen Jahren ist bei den beliebtesten Babynamen im deutschsprachigen Raum ein interessanter, dem aktuellen Gesellschaftstrend eigentlich völlig widersprechender Schwerpunkt festzustellen: Kinder werden - das zeigt auch wieder die aktuelle von der Gesellschaft für deutsche Sprache recherchierte Jahresliste der beliebtesten Vornamen - religiös benannt. Bei den Jungen etwa dient der biblische Archebauer Noah als häufigster Namenspate (auch in diesem Jahr wieder Platz 1 in Deutschland und der Deutschschweiz). Ebenso der Prophet Elias, Platz 1 in Liechtenstein, sowie Apostel Paul-us (aktueller Platz 1 in Österreich). Den ersten Platz in Berlin und Bremen belegt, nicht zum ersten Mal: Mohammed.

Auch bei den Mädchen geht's recht religiös zu: Marie (nach der christlichen Gottesmutter Maria) führt die Vornamensliste in Österreich an, Mia (eine Mischung aus der alttestamentlichen Prophetin Mirjam und der neutestamentlichen Maria) ist Platz 1 in der deutschsprachigen Schweiz, und die römische Jungfrau und Asketin Emilia ist eindeutige Siegerin bei den weiblichen Vornamen sowohl in Deutschland als auch in Liechtenstein.

Keine Spur mehr von flüchtigen Modenamen wie Kevin, Amelie oder Robbie! In Bayern trifft selbst noch im Jahr 2022 Christentum auf Wittelsbach: Lukas (Evangelist) schmückt hier Platz 1 und wird vom katholischen Pferdeheiligen Leon(hard) sowie (Bayernherzog) Maximilian gefolgt. In Sachsen und Brandenburg belegt nach Emil (siehe Emilia) der an Ansgar angelegte Vorname Oskar ("Gott mit dem Speer") den zweiten Platz, das ist zwar etwas kriegerischer, aber immer noch recht fromm.

Besonders rätselhaft ist die Situation in der Deutschschweiz

Bezieht man nun die hinteren Top-Ten-Plätze der von der Gesellschaft für deutsche Sprache gesammelten Vornamenslisten mit ein und zieht den Fokus wieder auf den gesamten deutschsprachigen Raum, so macht man sich schon Sorgen um die Zukunft Europas. Wie, bitte, hat es der schöne Name Tobias ("Gott ist gnädig") in Österreich auf Platz 8 geschafft, wenn er sich weder in Deutschland, noch der Deutschschweiz oder in Liechtenstein irgendwo auf den vorderen Rängen findet? Verbirgt sich dahinter die heimliche Begeisterung für den Tiroler Darsteller Tobias Moretti oder ORF-Nachrichtensprecher Tobias Pötzelsberger? Ebenfalls auf Platz 8 bei unseren Nachbarn: Der weibliche Vorname Valentina. Von Deutschland aus gesehen, versteht man nur nicht, warum. Auch er ist sonst nirgendwo anders unter den Ersten.

Besonders rätselhaft ist die Situation in der Deutschschweiz, wo ausgerechnet ein Mädchenname wie Malea (Hawaiianisch für "Blume") von Platz 23 auf 10 aufgestiegen ist. Bei den dortigen Jungs herrscht auf den ersten Plätzen ein noch befremdlicherer Namenswust: Lio, Nino, Leano, Liam. Wo ist Heidi? Wo ist Peter?

Andererseits: Die Schweizer haben schon immer ihr eigenes Ding gemacht. Und einer der sechs Schutzpatrone für den Kontinent Europa wird das mit der europäischen Zukunft schon richten, bei so viel biblischer Vornamenskunst. Wobei uns gerade auffällt: Birgitta, dieser melodische Name der aus Schweden stammenden Europa-Heiligen, taucht nirgendwo auf in den aktuellen Namenslisten. Warum?

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Beliebteste Vornamen
:Kurt und Erwin kommen zurück

Jedes Jahr wertet der Hobby-Namensforscher Knud Bielefeld Daten aus Standesämtern und Geburtskliniken aus. Jetzt hat er seine Liste veröffentlicht - mit kleinen Verschiebungen in der Spitzengruppe und kuriosen regionalen Besonderheiten.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: