Bären im Trentino:Zum Abschuss freigegeben

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Nicht immer eine idyllische Geschichte: Die Beziehung zwischen Mensch und Bär im Trentino ist kompliziert. (Foto: Matteo Zeni/dpa)

Im norditalienischen Trentino dürfen 2024 und 2025 nun je acht Bären getötet werden, die zuvor Menschen oder Ortschaften zu nahe gekommen sind. Tierschützer sind entsetzt.

Von Elisa Britzelmeier

Ein knappes Jahr ist es her, dass im norditalienischen Trentino ein Bär einen Jogger getötet hat. Ein außergewöhnlich seltenes Ereignis - das aber seitdem für Aufregung sorgt. Gestritten wird über die Frage, was mit potenziell gefährlichen Bären passieren soll: abschießen oder nicht? Nun hat der Trentiner Landtag ein Gesetz abgesegnet, das die Tötung von bis zu acht "problematischen" Bären pro Jahr ermöglicht. Die Höchstquote soll für 2024 und 2025 gelten, danach muss die Zahl neu festgelegt werden.

Das Gesetz sieht laut Entwurf vor, dass unter den acht Bären höchstens zwei erwachsene Weibchen und höchstens zwei erwachsene Männchen sein dürfen. Bereits zuvor hatte der Trentiner Regionalpräsident Maurizio Fugatti die Möglichkeit, die Tötung gefährlicher Bären anzuordnen - wovon er auch Gebrauch machte. Die Bärin JJ4 etwa, die auch unter dem Namen Gaia bekannt ist und für den Tod des Joggers verantwortlich sein soll, hatte Fugatti schon kurz nach dem Angriff per Dekret zum Abschuss freigegeben. Doch Tierschützer erhoben Einspruch. Mit dem Ergebnis, dass der Rechtsstreit um Gaia bis heute anhält. Die Bärin wurde unterdessen gefangen und befindet sich in einem Tierzentrum.

Mit der neuen gesetzlichen Regelung sind Bärentötungen unkomplizierter und ohne bürokratische Hürden möglich. Welche Bären als "problematisch" und welche als "gefährlich" gelten, haben Behörden schon in der Vergangenheit untersucht und kategorisiert - abhängig davon, ob die Tiere sich Ortschaften nähern oder bereits Menschen angegriffen haben. Die Zahl acht ergibt sich der Regierung des Trentino zufolge aus einer Analyse des Bärenbestandes, die die Umweltbehörde Ispra 2023 vorgenommen hatte. Demnach würde die Tötung von bis zu acht Tieren nicht zu einem demografischen Rückgang der Bären führen.

Aktuell werden im Trentino etwa 100 ausgewachsene Braunbären vermutet. Noch vor 25 Jahren galten die Tiere dort als nahezu ausgestorben. Gezielt wurden in den vergangenen Jahren Bären aus Slowenien nach Italien gebracht und ausgewildert, ein europäisches Modellprojekt. Offenbar fühlen sich die Bären im Trentino jedoch wohler als erhofft.

Tierschützer sprechen von einem "Rachefeldzug"

Tierschützer kritisierten die Entscheidung mit deutlichen Worten. Der Tierschutzverband Lav hatte bereits in der Vergangenheit gegen Abschussbeschlüsse geklagt. Nun kündigten die Aktivisten an, auch gegen das neue Gesetz juristisch vorgehen zu wollen - es verstoße gegen Europa-Richtlinien: "Wir fordern Brüssel auf, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Provinz Trient einzuleiten." Das Gesetz sei ein reiner "Rachefeldzug" des Regionalpräsidenten, der an der Sicherheit im Trentino nichts ändern werde. Während der Debatte am Montag protestierten zahlreiche Tierschützer vor dem Trentiner Landtag gegen das Gesetz. Aktivisten versuchten laut örtlichen Medienberichten, auch im Saal zu stören.

Dass das Gesetz durchkommt, galt jedoch schon im Voraus als sehr wahrscheinlich - Fugatti, der der rechten Lega angehört, hat im Regionalrat eine Mehrheit hinter sich. Er und andere Provinzvertreter werden mittlerweile bedroht, die Diskussion ist in Teilen eskaliert. Auf Facebook begrüßte Fugatti die Entscheidung und schrieb: "Unsere Priorität ist es, die Sicherheit der Trentiner Bevölkerung zu gewährleisten und die Bergbauernhöfe und -betriebe zu schützen."

Tierschützer kritisieren, dass andere Möglichkeiten von der Politik nicht ausgeschöpft würden. So würden laut der Organisation Lav weder die Bewohner noch Urlauberinnen im Trentino ausreichend darüber informiert, wie man sich beim Zusammentreffen mit einem Bären zu verhalten habe. Auch bärensichere Mülltonnen sollen verhindern, dass Bären in Wohngebiete kommen. Abgestimmt wurde auch über ein Anti-Bären-Spray. Es soll bei Begegnungen mit Bären ähnlich wie Pfefferspray funktionieren und wird bereits vom Forstkorps eingesetzt. Nun soll es auch anderen Personen, die sich beruflich im Wald aufhalten, gestattet werden, sich mit dem Spray auszurüsten.

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