Der Staatsrat, die zweite Instanz der italienischen Verwaltungsgerichtsbarkeit, hat am Freitag der Klage mehrerer Tierschutzverbände gegen die Tötung der Bären JJ4 und MJ5 stattgegeben, wie italienische Medien übereinstimmend berichteten. Ende April hatte der Präsident der norditalienischen autonomen Provinz Trentino, Maurizio Fugatti, eine Verordnung zur Tötung der Tiere erlassen. Die Richter bezeichneten diesen Schritt als unverhältnismäßig und unvereinbar mit nationalem und europäischem Recht.
Tiere:Wie gefährlich sind Braunbären?
Es ist extrem selten, dass Braunbären Menschen angreifen. Doch es kommt vor, wie der Fall von Gaia zeigt, die in Italien einen Jogger getötet hat. Hätte das verhindert werden können? Und wie ist die Lage in Deutschland? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Die Bärin JJ4, genannt "Gaia", hatte am 5. April den 26-jährigen Jogger Andrea Papi auf dem Rückweg von einer Bergtour in Caldes in der Provinz Trient angegriffen und getötet. Bereits zuvor hatte am 5. März MJ5 den 39-jährigen Wanderer Alessandro Cicolini im Val di Rabbi, ebenfalls in der Provinz Trient, attackiert. Die Vorfälle wurden national und international beachtet und führten in der beliebten Touristenregion zu einem heftigen Streit zwischen denen, die die Bären erschießen, und denen, die sie schützen wollen.
Nach Ansicht der Richter darf der Befehl zur Keulung nur das letzte Mittel sein und nur angeordnet werden, wenn es keine andere gültige Lösung gibt. Die aber gibt es: Gaia wurde später in einer Bärenfalle gefangen und lebt heute im provisorischen Wildtierzentrum von Casteller, sie soll möglicherweise ins Asyl nach Rumänien gebracht werden. MJ5 ist noch auf freiem Fuß. Allerdings gilt das Urteil des Obersten Verwaltungsgerichts in Rom nur vorläufig. Der Fall geht nun nämlich zurück an das Verwaltungsgericht in Trient. Dieses wird voraussichtlich im Dezember die endgültige Entscheidung treffen.
Die Provinzregierung Trentino zeigte sich nach dem Urteil fassungslos. "Das ist ein Beschluss, der einen ratlos macht - und man fragt sich, ob das Leben eines Tieres mehr wert ist als das eines Menschen", sagte der Präsident der Region Trentino-Südtirol, Maurizio Fugatti. Er frage sich außerdem, ob man überhaupt noch das "menschliche Leben oder die Gemeinden in den Bergen des Trentinos respektiere". Mehr denn je wolle man daran arbeiten, der Bevölkerung der Region ein Höchstmaß an Sicherheit zu gewährleisten. Tierschützer sehen sich bestärkt. Einer Umsiedlung nach Rumänien stehe nun nichts mehr im Weg, hieß es in einer Mitteilung.