Spanien:Leonors Schwur

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Infantin Leonor auf dem Weg zum Parlamentsgebäude, begleitet von ihrer Schwester, Infantin Sofía (links). (Foto: OSCAR DEL POZO/AFP)

An ihrem 18. Geburtstag hat Spaniens Kronprinzessin Leonor den Eid auf die Verfassung geleistet. Das Bekenntnis zu Demokratie und konstitutioneller Monarchie ist für das Land von großer Bedeutung.

Von Patrick Illinger, Madrid

Es war ein bedeutender Tag für Spaniens Monarchie - und auch für viele Bürger Spaniens. Tausende waren weit gereist, um am Dienstag in Madrid den großen Auftritt von Kronprinzessin Leonor live mitzuerleben. Leonor de Borbón y Ortiz, Fürstin von Asturien, die ältere der beiden Töchter von König Felipe VI. und Königin Letizia, hat heute, an ihrem 18. Geburtstag, den Eid auf die spanische Verfassung geleistet. In der Abgeordnetenkammer des Kongresses schwor sie auf die gleiche Bibel wie schon ihr Vater, die Gesetze des Landes ebenso wie die demokratischen Institutionen zu achten.

In einem altmodischen, schwarzen Rolls-Royce mit extragroßen Fenstern, begleitet von berittenen Einheiten der Königsgarde, waren Leonor und ihre Schwester Sofía vor dem Parlamentsgebäude im Zentrum Madrids vorgefahren. Mit einem schneeweißen Hosenanzug bekleidet wurde Leonor mit ihrer Familie vom amtierenden Regierungschef Pedro Sánchez, hochrangigen Militärs und Parlamentspräsidentin Francina Armengol in Empfang genommen. In der Abgeordnetenkammer, die für den Anlass mit Hunderten zusätzlichen Stühlen für Honoratioren und einer Bühne ausgestattet worden war, leistete sie ihren Eid: "Ich schwöre, meine Pflichten treu zu erfüllen, die Verfassung und die Gesetze zu wahren und sicherzustellen, die Rechte der Bürger und der autonomen Gemeinschaften zu respektieren und dem König treu zu sein." Ihre Worte wurden mit minutenlangem Applaus quittiert.

Prinzessin Leonor neben ihrer Schwester Sofía (rechts) und Königin Letizia (links) sowie Premier Pedro Sánchez am Dienstag in Madrid. (Foto: Manu Fernandez/AP)

Der Akt ist in Spanien aus mehreren Gründen von großer Bedeutung. Als ihr Vater 1986 an gleicher Stelle den gleichen Eid ableistete, stand das Land noch unter dem Eindruck des versuchten Militärputsches von 1981. Damals war es Leonors Großvater, König Juan Carlos I., gelungen, die putschenden Soldaten zum Aufgeben zu bewegen. Der Aufstand, bei dem in Valencia Panzer aufgefahren waren und ein gewisser Oberstleutnant Antonio Tejero die Abgeordnetenkammer in Madrid mit Waffengewalt besetzt hatte, war seinerzeit eine ernste Bedrohung für die junge Demokratie gewesen. Erst 1982 war Spanien der Nato und 1986 der Europäischen Gemeinschaft beigetreten.

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Heute ist Spanien zweifellos eine der stabilsten Demokratien der Welt - trotz der teils massiven Streitigkeiten zwischen den beiden politischen Blöcken links und rechts, und trotz der Unabhängigkeitsbestrebungen einiger Autonomieregionen. Dass Leonor, die mit dem heutigen Tag als künftige Königin feststeht, das öffentliche Bekenntnis zur konstitutionellen Monarchie abgibt, ist dennoch keineswegs nur ein verwaltungstechnischer Vorgang.

So wenig die Demokratie Spaniens in Gefahr zu sein scheint, so sehr hatte in den vergangenen Jahren die Akzeptanz der Monarchie gelitten. Nicht nur Separatisten, auch linke Politiker, allen voran die beiden noch amtierenden Ministerinnen der Podemos-Partei, verneinen die Legitimität des Königshauses, da es keine demokratische Institution sei.

Noch schaut sie zu ihm auf: Infantin Leonor neben ihrem Vater König Felipe VI. (Foto: SUSANA VERA/REUTERS)

All dem kann Leonor ihre Popularität entgegensetzen. Mehr als zwei Drittel der Spanier erwarten, dass sie ein gutes Staatsoberhaupt abgeben wird. In Umfragen ist sie das beliebteste Mitglied des Königshauses. Und dank ihrer Jugend, aber auch dank ihres unprätentiösen Auftretens kommt sie in ihrer eigenen Generation gut an.

Zwei Dutzend Menschen ihres Alters aus mehreren Regionen Spaniens waren eingeladen, der Zeremonie im Parlament beizuwohnen. So könne man zeigen, dass die Jugend keine "uniforme Gruppe" sei, sagte die Valencianerin Andrea González Henry, die den spanischen Jugendrat leitet, der Zeitung El Mundo. "Wir sind eine Gruppe von sieben Millionen Spaniern, die es verdienen, gehört und vertreten zu werden. Jetzt hängt die Zukunft des Staatsoberhauptes von einer Frau ab, die die Sprache unserer Generation spricht."

Und noch etwas war an diesem Tag bemerkenswert: Nicht nur, dass ihr 2014 zurückgetretener, in Abu Dhabi exilierter Großvater bei der Zeremonie fehlte: Niemand schien Juan Carlos I., der am Ende seiner Regentschaft mit finanziellen und amourösen Eskapaden sein Ansehen verspielt hatte, zu vermissen.

Erst am Abend tauchte Leonors Großvater doch noch auf. In eine Privatjet des Emirs von Abu Dhabi landete er in Madrid und wurde mit seiner Frau, Königin Sofía, in den Palast von El Prado gefahren. Dort feierte Leonor mit ihrem engeren Familienkreis den 18. Geburtstag. Übernachten durfte Juan Carlos I. im Palast allerdings nicht - auch wenn dieser mehr als 40 Jahre lang sein Wohnsitz gewesen war. Seit er 2020 das Land verließ, darf der emeritierte Monarch bei Besuchen in Spanien nicht mehr in Gebäuden übernachten, die in Staatsbesitz sind. Noch immer hat ihm Spanien seine Affären und Skandale nicht verziehen.

In den vergangenen Jahren ist es seinem eher zurückhaltenden Sohn Felipe VI. immerhin gelungen, den Trubel um Juan Carlos I. abzuwettern und Spaniens Monarchie zu festigen. Mit Leonor könnte das Königshaus nun sogar wieder eine aktivere Rolle im öffentlichen Leben spielen.

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