Drogenprozess:Zweite Staffel im Gericht

Drogenprozess: Maximilian S., flankiert von seinen beiden Anwälten, auf dem Weg in den Leipziger Gerichtssaal. Gleich wird er ein rotes Notizbuch vor sich ablegen, das die Aufschrift "The Art of War" trägt.

Maximilian S., flankiert von seinen beiden Anwälten, auf dem Weg in den Leipziger Gerichtssaal. Gleich wird er ein rotes Notizbuch vor sich ablegen, das die Aufschrift "The Art of War" trägt.

(Foto: Hendrik Schmidt/dpa)

Vor dem Landgericht Leipzig hat der Prozess gegen Maximilian S. begonnen, dessen Drogengeschäfte aus dem Kinderzimmer einst als Vorlage für eine Streaming-Serie dienten. Das Erscheinen des mutmaßlichen Wiederholungstäters im Verhandlungssaal könnte direkt aus Netflix entstammen.

Von Iris Mayer, Leipzig

Maximilian S. betritt am Montagmorgen in aller Ruhe den Verhandlungssaal 115 des Leipziger Landgerichts, setzt sich auf die Anklagebank, zieht die dunkle Daunenjacke aus und legt seine linke Hand über die rechte. Dann schaut er in die Kameras, redet mit seinen beiden Anwälten und legt ein rotes Notizheft vor sich auf den Tisch. Es trägt die Aufschrift "The Art of War" - und es wäre erstaunlich, sollte S. ausgerechnet dieses Detail dem Zufall überlassen haben.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem heute 28-Jährigen vor, gemeinsam mit vier Mitangeklagten im Alter zwischen 24 und 42 Jahren von April 2019 bis Januar 2021 aus Leipzig bandenmäßigen Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge betrieben zu haben. Demnach verkauften die Männer 16,5 Kilo Amphetamin, 2,5 Kilogramm Haschisch, zwei Kilogramm einer Partydroge, 500 Gramm Methamphetamin und 350 Gramm Kokain in und außerhalb Deutschlands - verpackt in 471 Postsendungen. Der Gesamterlös soll bei 94 000 Euro liegen. Nach Überzeugung der Anklage agierte S. als Kopf der Bande, weil er über die nötigen finanziellen Mittel und Fähigkeiten verfügte.

Schon 2015 war der Leipziger zu sieben Jahren Jugendstrafe verurteilt worden, nachdem er im Alleingang aus seinem Kinderzimmer fast eine Tonne Drogen über den Online-Shop "Shiny Flakes" in alle Welt verkauft hatte. Damals ging es um die Summe von vier Millionen Euro. Netflix diente dieser Fall als Vorlage für die Erfolgsserie "How to Sell Drugs Online (Fast)" und die Dokumentation "The Teenage Drug Lord", in der S. ausführlich unter vollem Namen in seinem nachgebauten Kinderzimmer erzählt, wie er die Drogen portionierte, verpackte und seinen Versandhandel aufzog.

Gravierende Vorwürfe

Laut Anklage startete S. seinen zweiten Drogenversand unter dem Namen "Candylove", noch während er seine Jugendstrafe im offenen Vollzug verbüßte. Ein Mitangeklagter, der derzeit wegen einer anderen Straftat in Haft sitzt, war demnach für Logistik, Personal und Fahrdienste zuständig, ein ebenfalls angeklagter Anwalt soll sich um rechtliche Fragen gekümmert haben. Zwei weitere Männer sollen Beihilfe geleistet, zum Beispiel Versand- und Verpackungsmaterialien besorgt haben. Die zu erwartenden Strafen seien für die Angeklagten jeweils sehr unterschiedlich, da diese auch in sehr unterschiedlichem Maße am Drogenhandel beteiligt waren, so Richter Rüdiger Harr. Die Vorwürfe gegen S. bezeichnete er als gravierend.

Die Verteidigung rügte grundsätzlich die Zuständigkeit der Erwachsenenstrafkammer. Weil ein Angeklagter zum Tatzeitpunkt noch ein Heranwachsender gewesen sei, müsse eine Jugendstrafkammer über die Anklagepunkte befinden. Die Staatsanwaltschaft erklärte, sie beschränke die Vorwürfe auf den Zeitraum, in dem der Angeklagte bereits erwachsen war. Die Verhandlung wird am Donnerstag fortgesetzt, dann soll der erste Zeuge aussagen. Richter Harr betonte, die Angeklagten hätten nach wie vor die Möglichkeit, sich zur Sache einzulassen: "Das entscheidet jeder der Angeklagten für sich selbst", dazu sollten sich die Männer in Ruhe mit ihren Anwälten beraten. Für den Prozess sind bislang 18 Verhandlungstermine angesetzt, mit einem Urteil wird nicht vor Ende Juni gerechnet.

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:Auf "Shiny Flakes" folgte "Candylove"

Aus seinem Kinderzimmer in Leipzig verkaufte Maximilian S. übers Internet Drogen in die ganze Welt. Netflix machte daraus die Erfolgsserie "How to Sell Drugs Online (Fast)". Inzwischen ist S. erwachsen - und steht nun wieder vor Gericht.

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