Waldbrände auf Rhodos:"Auf die Hilfe der Regierung zu warten, können wir uns nicht leisten"

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Ein Wald in der Nähe von Lardos auf Rhodos. (Foto: Vassilis Ikoutas/Reuters)

Als sich die Flammen näherten und gegen den Qualm nur noch Masken halfen, musste er sein Dorf verlassen. Nun ist George Koviou zurück in Lardos. Sein Restaurant will er noch heute wieder eröffnen.

Interview von Marcel Laskus

Löschflugzeuge, Hubschrauber und etliche Einsatzkräfte kämpfen gegen die Waldbrände auf der griechischen Insel Rhodos, Tausende Touristen wurden in Sicherheit gebracht. Wie geht es für die Bewohnerinnen und Bewohner weiter, wenn der Rauch abgezogen ist? Nur einmal tutet es, dann hebt George Koviou ab, der im Restaurant "Koviou" im Dorf Lardos arbeitet. Im Hintergrund hört man ein kleines Kind brabbeln, das nach mehr Melone verlangt, es ist sein elf Monate alter Sohn.

Herr Koviou, ich erreiche Sie am Festnetztelefon Ihres Restaurants, das in der Region der Waldbrände liegt. Sind Sie etwa immer noch dort?

George Koviou: Ja, ich bin in Lardos. Das Feuer kam nicht direkt zu uns in das Dorf, es zog links und rechts an uns vorbei. Unser Restaurant und alle anderen Gebäude sind unversehrt. Für zwei Tage wurden wir in benachbarte Gebiete gebracht. Auf unseren Straßen konnte man den Rauch nur mit Masken ertragen. Gestern durften wir zurück, da war der dunkle Rauch noch in der Ferne zu sehen. Heute beruhigt sich die Lage, zumindest hier. Die Feuer ziehen jetzt weiter südwestwärts.

Wie brenzlig war es für Sie?

Als ich das Feuer zum ersten Mal sah, dachte ich nicht an die Apokalypse. Es war eher so ein Gedanke wie: "Oh shit. Nicht schon wieder." Dann habe ich meinen Sohn genommen und bin in ein nahes Dorf gefahren. Wir kennen die Feuer hier auf Rhodos, doch das Tempo der aktuellen Brände war auch für mich etwas Neues. Durch den Wind bewegten sich die Feuer in wenigen Stunden kilometerweit. Nun sind in der Nähe die Wälder abgebrannt, auch das Kloster hat es getroffen. Viele unserer Stammgäste, auch Touristen, fragten uns, wie es uns geht. Deshalb an dieser Stelle: Uns geht es gut!

George Koviou, 37, arbeitet im Dorf Lardos im Restaurant seines Vaters. (Foto: Privat)

Wie geht es weiter?

Unser Restaurant wird heute wieder eröffnen. Ich werde nachher mit meinem Vater besprechen, ob wir allen, die heute kommen werden, ein spezielles Angebot machen. Vermutlich werden es vor allem Einheimische und kaum Touristen sein. Wir müssen für die Leute da sein, es ist wichtig für sie. Nicht nur für das Essen, man muss zusammen sein, wenn so etwas passiert.

Wie erklären Sie sich, dass sich die Feuer so rasant ausgebreitet haben?

Ich glaube nicht, dass wir die Feuerwehr beschuldigen können, es ging einfach zu schnell. Es ist eher die Regierung. Die Regierung hat die Wälder nicht geschützt, zumindest nicht gut genug. In den letzten Jahren wurde einfach zu wenig gemacht. Gerade nach den schweren Bränden hier im Jahr 2008 hätte viel mehr Vorsorge getroffen werden müssen. Es wurden zu wenige Pufferzonen errichtet. Der Wald wurde nicht ausreichend von Totholz gereinigt.

(Foto: SZ-Karte: Mainka/Mapcreator.io/OSM; Stand: 23.7.23)

Dem für die Insel so wichtigen Tourismus könnten die Feuer schaden.

Für die Touristen, die auf der Insel sind, ist es schrecklich. Da liegst du auf deiner Liege am Strand in der Sonne, ruhst dich aus und plötzlich klingelt dein Telefon und sagt dir: Du musst hier weg. Panik ist da das einzig Nachvollziehbare. Doch die Hotels reagierten schnell und besonnen. Es gab keine Schwerverletzten, keine Toten.

Die Waldbrandgefahr nimmt zu. Sorgen Sie sich um den Tourismus auf der Insel?

Die Touristen kommen nicht wegen unserer Wälder. Ich glaube nicht, dass der Tourismus davon betroffen sein wird. Es sind vor allem wir als Bewohner der Insel, die damit klarkommen müssen. Und wir müssen dafür sorgen, dass es beim nächsten Mal weniger schlimm wird. Auch deshalb nehmen Leute das hier in ihre eigenen Hände.

Der Rauch der Brände zieht über einen Basketballplatz in Lardos hinweg. (Foto: Vassilis Ikoutas/Reuters)

Wie meinen Sie das?

So machen wir es schon immer. Die Dinge auf unsere Art regeln. Die letzten Nächte war ich mit meinem Fahrrad in der Gegend unterwegs und habe geschaut, ob es neue Glutnester gibt. Ich habe Totholz aufgesammelt, damit es sich nicht entzündet. Freiwillige kämpfen gegen das Feuer, Freiwillige führen die Touristen raus aus der Gegend, Freiwillige versorgen die Leute mit Essen. Auf die Hilfe der Regierung zu warten, können wir uns nicht leisten.

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