SZ-Serie "Ein Anruf bei ...":"Renn so schnell du kannst"

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Man kann, wenn man es richtig macht, dem Regen auch davonlaufen. (Foto: Ralph Peters/imago)

Wie wird man im Regen am wenigsten nass? Diplom-Meteorologin Magdalena Bertelmann erklärt, warum diese Frage weniger trivial ist, als sie klingt.

Interview von Violetta Simon

Gewitter und sommerliche Regenschauer überraschen einen ja immer ausgerechnet dann, wenn man keinen Regenschirm dabeihat. Wie wird man in so einer Situation weniger nass: im Gehen oder im Laufen? Magdalena Bertelmann arbeitet seit 2013 in der Wettervorhersage und Beratungszentrale des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Offenbach. Besonders spannend findet die Diplom-Meteorologin "kein 08/15-Sonnenscheinwetter". Die 33-Jährige erklärt, welche Faktoren bei der optimalen Laufgeschwindigkeit im Regen eine Rolle spielen. Wie praktisch, denn laut ihrer Vorhersage bleibt es in den nächsten Tagen unbeständig.

SZ: Frau Bertelmann, folgende Situation: Man steigt aus dem Bus. Es schüttet. Schirm vergessen. Bis zur Wohnung sind es 500 Meter. Was tun: normal gehen oder schnell laufen?

Magdalena Bertelmann: Rennen!

Warum werde ich dadurch eigentlich weniger nass?

Pro Sekunde fällt die gleiche Menge Niederschlag pro Flächeneinheit, daher kommt es darauf an, wie lange jemand im Regen unterwegs ist. Das gilt allerdings nur, wenn wir von einfachsten Verhältnissen ausgehen: Windstille, durchschnittliche Regentropfengröße - und eine einheitliche Körperform als Berechnungsgrundlage.

Eine einheitliche Körperform?

Wenn wir von einfachsten Verhältnissen ausgehen, hätte der Mensch die Form eines länglichen Quaders, ähnlich wie ein aufgestellter Backstein. Und zwar in einem Höhe-Breite-Verhältnis von 5 zu 1.

Aha. Was würde passieren, wenn so ein Quader bei Windstille durch den Regen läuft?

Bei einer Strecke von 100 Metern, wenn der Regen eine Dichte von zwei Gramm pro Kubikmeter hätte und mit einer Geschwindigkeit von fünf Metern pro Sekunde fiele - und wenn der Mensch mit derselben Geschwindigkeit durch den Regen liefe, was einem Tempo von knapp 20 Kilometer pro Stunde entspräche - dann würde ihn eine Wassermenge von insgesamt 120 Gramm treffen. Schlendert er hingegen gemächlich mit einem Tempo von einem Meter pro Sekunde dahin, bekommt er 190 Gramm ab.

Magdalena Bertelmann, Diplom-Meteorologin beim Deutschen Wetterdienst, hält sich an das Regenradar, um trocken zu bleiben. (Foto: DWD)

Klingt logisch. Man ist dem Regen länger ausgesetzt.

Genau. Die Laufgeschwindigkeit hat zwar keinen Einfluss auf die seitlich auftreffende Regenmenge, wohl aber auf die, die einen von oben trifft: Der Mensch wird vor allem an seiner Oberseite nass, also an Kopf und Schultern.

Aber von vorn doch auch, oder nicht?

Schon, aber wie viel einen von vorn trifft, entscheidet nicht die Geschwindigkeit. Hier kommt es auf andere Faktoren an wie Körpergröße und Strecke - je größer und länger, umso nasser. Deshalb wäre schnelles Laufen selbst dann optimal, wenn der Regen von vorne käme. Weil dann zumindest von oben weniger Regen auftrifft.

Und wenn die Verhältnisse nicht so einfach wären?

Dann käme es darauf an, welche Geschwindigkeit und welche Richtung der Wind hat. Diese beeinflusst wiederum die Richtung der Regentropfen. Außerdem ist zu beachten, wie groß die Tropfen sind. Und dann spielt natürlich noch die Größe und Körperform des Menschen eine Rolle.

Die in der Realität so gar nichts Quaderhaftiges an sich hat.

Wir gleichen eher, wenn man so will, einer Mischung aus Zylinder, Kegel und Kugel.

Und auch der Regen fällt in der Realität nicht immer einfach senkrecht herunter. Was tue ich also, wenn ein Schauer schräg daherkommt?

Angenommen, es herrscht starker Rückenwind. Dann ist es unter Umständen besser, genauso schnell zu laufen wie die Regentropfen, die in Laufrichtung nach vorn geweht werden. So läuft man ihnen quasi davon.

Hm, nur können wohl die wenigsten Menschen mal eben die Windgeschwindigkeit sowie den Einfallwinkel der Regentropfen einschätzen und daraus das optimale Lauftempo errechnen. Wozu raten Sie also?

Die Berechnungen haben ergeben: Selbst wenn man schneller läuft als die optimale Geschwindigkeit, wird man nur geringfügig mehr nass. "Renn so schnell du kannst", bleibt also eine gute Strategie. Andersherum ist es natürlich schwierig: wenn man also gegen den Wind und damit in den Regen hineinläuft. Aber so ist das mit dem Wetter - das kann man sich nun einmal nicht aussuchen.

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