Prominente Touristen:Mallorca ist wie Deutschland - nur besser

Baden auf Mallorca

Erinnert an die Karibik, ist aber die Bucht Cala Sant Vincenc im Norden von Mallorca.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Balearen-Insel ist in diesem Sommer so voll wie nie. Was ihren Reiz ausmacht? Da fragt man am besten die Promis.

Von Marten Rolff

Das Faszinierende an Mallorca ist, dass es sich ständig neu erfindet und dabei immer gleich zu bleiben scheint. Verlässlichster Gradmesser des "Inselgefühls" ist natürlich die Prominenz. Und um die aktuellste Volte zu erklären, beginnt man am besten mit den Gartenmöbeln von Uwe Ochsenknecht.

Der Schauspieler geriet einst unvorteilhaft in die Inselpresse, weil er seinen Kollegen und Freund Martin Semmelrogge vor Gericht gezerrt hatte. Beide waren Finca-Nachbarn im schicken Südosten Mallorcas. Der per Fotobeweis gestützte Vorwurf: Semmelrogge habe Liegestühle von Ochsenknechts Terrasse entwendet und fläze sich darin nun im eigenen Garten. Der Zank ist Jahre her, sein Ausgang zu Recht vergessen. Wichtig ist: Heute würde Ochsenknecht ein solcher Image-Fauxpas nicht mehr passieren. Wenn er sich auf der Insel ins Gespräch bringt, dann als Kulturbotschafter. Gerade hat er eine beliebte Kleinkunstkneipe im pittoresken Santanyí übernommen und will die Livemusik dort fördern. "Ein Glücksfall", schwärmte der Schauspieler im Interview mit dem Mallorca-Magazin.

Die deutsche Prominenz auf der beliebtesten Insel des Mittelmeers befindet sich wieder einmal in einer neuen Phase. Die Zeit des Finca-Klein-Kleins ist ebenso vorbei wie die der großen Homestorys; die kamen eh bloß zustande, weil es so schade gewesen wäre, acht Millionen Euro im Fels über Port d'Andratx zu verbauen, um all die Herrlichkeit dann der Putzfrau vorzuführen. Vorbei auch die Zeit der Euphorie-Anfänger ("Mallorca ist ja so viel mehr als eine Putzfraueninsel!"), die sich im Lippenbekenntnis zu Mandelblüte und Palmas neuer Tapasbar üben, weil sie nichts mehr fürchten als das Partyabseits.

Nein, der prominente Mallorca-Liebhaber denkt heute langfristiger, nachhaltiger, wertiger. Man bringt sich ein, kümmert sich ums Gemeindeleben (Ochsenknechts Freundin Kiki eröffnet in Santanyí einen Beauty-Salon). Kurzum: Man ist hier zu Hause. Und das nun schon länger.

Natürlich erwartet niemand, dass alle in der Liga von Peter Maffay und Sabine Christiansen spielen. Die frühere Talkshow-Prinzipalin ist nach 25 Jahren Inselerfahrung eine gefragte Gesprächspartnerin zum deutschen Benimm ("Bademode gehört an den Strand!"), und sie referierte sogar schon vor balearischen Spitzenpolitikern über ihre Ideen zur Zukunft Mallorcas ("Umweltschutz hat höchste Priorität").

Derweil hat Softrocker Maffay seine Finca bei Pollença zum Vorzeigebiohof ausgebaut - mit Schweinen, Ziegen, Schafen, Käserei und Steinofenbäckerei. Auf Maffays Spuren wandelt nun auch Til Schweiger, der seine Finca nahe Valldemossa in eine Art Botschaft für authentische Inselküche verwandelte. In seinem neuen Lokal in Hamburg setzte der Produzent und Regisseur gerade Rezepte seiner Finca-Köchin Tina auf die Karte. Und das Ergebnis von Schweigers Arbeit mit mallorquinischen Winzern heißt "Emma" - eine nach seiner Tochter benannte Rotwein-Cuvée, deren feine Tannine der Gala bereits ein Interview wert waren.

Playa-Pöbel von Ausflügen ins idyllische Hinterland abhalten

Es wäre übrigens ein Fehler, die deutsche Mallorca-Prominenz hämisch in A, B und C einzuteilen. Diese Trennung macht auch der nette Inselboulevard offiziell nie. Arroganz führt auf Mallorca nirgends weiter. So diktiert es der Mythos. Nicht ohne Grund greifen in Deutschland heute Chefreporter und Chefredakteure selbst in die Tasten, wenn es wieder darum geht, im Sommer-Special sensibel "das eine Paradies für alle" zu besingen. Ja, sogar der Finca-Adel vom Hamburger Hügel hat begriffen, wie nützlich die friedliche Koexistenz mit dem Ballermann-Personal ist, wie hart Schlagerbarden und Realityshow-Stars daran arbeiten, den Playa-Pöbel mit komatösen 24/7-Partys von Ausflügen ins idyllische Hinterland abzuhalten.

Die Insel ist diesen Sommer so voll wie nie. Schließlich ist es problematisch geworden mit dem Sonnenscheinasyl, ob in Tunesien oder der Türkei. Mehr als 14 Millionen Touristen reisen daher nach Malle, drei Viertel von ihnen im Sommer. Da ist man nett und rückt hübsch zusammen.

Die Macht, deutsche Touri-Massen zu lenken, hat nur eine: Mia Julia Brückner, 30, ehemalige Pornodarstellerin aus München, ist seit zwei Jahren die neue "Königin von Mallorca". Ballermann-Adel, auch längst erblich. Den Titel hatte Thomas Gottschalk einst im Scherz an Schlagersänger Jürgen Drews verliehen. Heute ist er eine Marke. Wenn Mia Julia im "Bierkönig" an der Playa de Palma mit den Fingern schnipst, dann spurt das Partyvolk. Sie hat es nicht nötig, wie Kollege Mickie Krause auf der Bühne um "Zehn nackte Friseusen" zu betteln. Sie zieht sich einfach selbst aus. Wenn sie gerade Lust hat. Störer, wie neulich eine Gruppe Neonazis, lässt sie rausschmeißen. Sich wie ein Gast benehmen, aber sich wie zu Hause fühlen - so lautet Brückners diplomatisches Credo, "Mallorca, da bin ich daheim" ihre aktuelle Ballermann-Hymne.

Palmas neuer Bürgermeister hat dem Exzess wieder mal den Kampf angesagt. Nützen wird es wohl wenig. Die Privatsender haben die Malle-Sauf-Dokus ja längst durch Malle-Auswander-Dokus ersetzt. Das Partyvolk bleibt immer länger. Sogar Daniela Katzenberger - Köln war zu teuer - hat nun eine Wohnung und ein Café in Santa Ponça. Der RTL2-Star fremdelt zwar noch ("Die Frauen dort sprechen ja nur Spanisch ..."). Doch ob Katzenberger oder Christiansen, Drews oder Schweiger, sie alle eint bis heute das nun auch schon fast 20 Jahre alte Spiegel-Bonmot: Mallorca ist wie Deutschland. Nur besser.

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