SZ-Kolumne "Mitten in ...":Reif für den Pinsel

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Im Griechenland-Urlaub tritt ein SZ-Redakteur erst in frische Farbe und dann in ein Fettnäpfchen. Drei Anekdoten aus Europa und Deutschland.

Mitten in ... Andros

Illustration: Marc Herold (Foto: N/A)

Aufgestanden. Vor die Tür getreten. Reingetappt. Vor dem Ferienhaus ist die weiße Farbe, mit der griechische Inselorte ihre Bordsteine schmücken, sehr frisch. Der Mann mit dem Pinsel ist ein paar Häuser weiter noch zugange. Kaum hat die Herbstsonne die Farbe getrocknet, wird klar, warum sich das Städtchen Andros heute so herausputzt. Die fesch uniformierte Blaskapelle marschiert durch die Gasse, hinter Fahnenträgern folgen ihr die Schüler des Ortes. Am Platz mit dem Kriegerdenkmal stehen alle in Reih und Glied, Vertreter jeder Altersklasse legen Lorbeerkränze nieder, die Kleinen mit kindlichem Ernst, die Teenager mit mehr Mühe, die Würde der Zeremonie zu wahren. Was hier so feierlich begangen wird, fragt der deutsche Tourist eine Beistehende. Freundliche Antwort: "Die Befreiung von den Deutschen." Wieder reingetappt. Jan Bielicki

Mitten in ... Tübingen

Illustration: Marc Herold (Foto: N/A)

Ein sehr hippes Café in Tübingen. Auf dem nackten Betonboden sind dekorativ ein paar Kaffeebohnensäcke verteilt, gesessen wird draußen auf Polstern auf dem Fensterbrett. Es gibt Kaffee aus Vietnam, Kenia, Costa Rica, Kolumbien, Peru, Äthiopien, Osttimor, Burundi, Mexiko, Brasilien, alle wunderschön verpackt. Wer einen Kaffee bestellen will, hat die Qual der Wahl: Hand brew, cold brew, Filterkaffee, Americano? Man bestellt, aus purer Überforderung, man traut es sich kaum laut zu sagen: einen Cappuccino mit Kuhmilch. Und vielleicht noch ein Wasser dazu? Das darf man sich selbst nehmen, der Mann hinter der Bar zeigt auf die andere Seite seiner eindrucksvollen Kaffeemaschine. Und jetzt wird es so genial einfach, dass man es kaum glauben kann: Aus der Wand ragt ein Wasserhahn. Aufdrehen, drunterhalten, fertig. Anna Fischhaber

Mitten in ... Rom

Illustration: Marc Herold (Foto: N/A)

Nachmittags auf der Piazza in Monti, man sitzt herum und guckt und analysiert, das Kolosseum im Rücken, warum genau nun Rom die schönste Stadt der Welt ist. Die Runde ist sich im Großen und Ganzen einig, da kommt ein Herr vorbei, ein wenig älter, kerzengerade und schlank. Er trägt Hemd, schicke Hose und einen Stapel Bücher unter dem Arm, dazu eine markante schwarze Brille. So elegant, wo gibt's denn bitte sonst solche Signori, ein stiller Intellektueller, ist sich die Runde weiter schön einig. 20 Minuten später kommt der Herr erneut vorbei, offenbar auf dem Rückweg, und da merkt es einer aus der Runde: Das ist kein Römer. Sondern ein Brite. Der Schauspieler Bill Nighy. Man hat ihn sofort in seinen Rollen in "Tatsächlich...Liebe" und "Radio Rock Revolution" vor Augen. Ganz klar: ein alternder Rockstar. Was denn sonst. Elisa Britzelmeier

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