Er ist der Gradmesser für einen gelungenen Urlaub, der Vorher-nachher-Beweis für das Fortkommen auf der Bräunungsskala: der Bikinistreifen. Gleichzeitig wird an Stränden und Beckenrändern alles getan, um ihn zu verhindern: Verrenkungen beim Sonnenbaden, damit das aufgeklappte und nur locker aufliegende Oberteil sich bloß nicht ganz verabschiedet, trägerlose Bustiers, die so oft auch haltlos sind, kreative Wickel- und Tragetechniken, damit die Sonne heute woanders hinkommt als gestern. Und wer meint, das sei ein rein weibliches Problem, der irrt. Hochgekrempelte oder grenzwertig weit heruntergezogene Herrenshorts zeigen das Gegenteil.
Längst ist selbstverständlich bekannt, dass UV-Strahlen ungesund sind und zu "vorzeitiger Hautalterung" führen, wie es auf der Sonnencreme und in der Cosmopolitan heißt (wobei subjektiv betrachtet vermutlich jede Hautalterung vorzeitig eintritt). Dazu sind Solarien in der sozialen Akzeptanz inzwischen etwa auf dem Schmuddelstatus von Spielhallen angelangt.
Und dennoch: Ein Sommerurlaub ohne Bräunung ist für viele weiße Urlauber ungefähr so befriedigend wie ein Skiurlaub ohne Schnee.
Vergangenes Jahr verkündete die deutsche Vogue auch noch offiziell: "Der Bikinistreifen ist (definitiv!) zurück". Zugleich lernt man da, dass das jetzt tan line heißt und man zwischen dem VPL- und dem VBL-Bikinistreifen unterscheidet: der "Visible Panty Line" und der "Visible Bra Line", je nachdem, ob man von Höschen oder Oberteil gezeichnet wurde.
Einen entscheidenden Nachteil hat der Bikinistreifen allerdings: Er sitzt nicht immer an vorzeigbarer Stelle. Wenn der Kollege oder die Kollegin im Büro nach der Rückkehr aus dem Urlaub sagt: "Bist ja gar nicht braun geworden", dann will man nicht unbedingt seine Visible Panty Line vorzeigen.
Maskenpflicht auch im Freien
Doch vielleicht gibt es sowieso bald einen ganz neuen Streifen: den Maskenstreifen. In den spanischen Regionen Katalonien und Extremadura gilt seit Kurzem eine verschärfte Maskenpflicht. Dort muss man nun überall in der Öffentlichkeit einen Mund-Nasen-Schutz tragen, sowohl in geschlossenen Räumen als auch im Freien. Die Balearen, zu denen Ibiza und Mallorca gehören, haben nachgezogen. Auch wenn man sich in den betreffenden Regionen beim Sport sowie beim Schwimmen und beim Sonnenbaden am Strand oder Pool auch weiterhin gesichtsnackig zeigen darf, bevorzugen offenbar manche Leute die Maske auch dort. Vom Ballermann bis nach Brasilien: Immer wieder sieht man Urlauber in Badekleidung, die am Strand freiwillig Mundschutz tragen, teilweise sogar im Wasser.
Über ihre Beweggründe, sich freiwillig bei 30 Grad einen nassen Lappen vors Gesicht zu spannen, kann man nur spekulieren. Zurück in der Heimat wird auf jeden Fall niemand mehr sagen, man sei nicht braun geworden. Schließlich sitzt der Vorher-nachher-Vergleich bei ihnen nun direkt im Gesicht. Bestenfalls erhalten sie sich die Stirn- und Augenbräune bis zum Winter. Im Skiurlaub ist dann wieder die andere Gesichtshälfte dran.