Wuppertal:Säure-Anschlag auf Innogy-Manager: Verdächtiger festgenommen

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Bernhard Günther im Januar 2020, knapp zwei Jahre nach dem Säureanschlag. Der Manager vermutet, dass der Drahtzieher in seinem beruflichen Umfeld zu finden ist. (Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)

Knapp vier Jahre nach dem Attentat auf Bernhard Günther gibt es neue Hoffnung auf Aufklärung: Ein 41-Jähriger wurde in Belgien festgenommen und soll nun nach Deutschland ausgeliefert werden.

Von Benedikt Müller-Arnold, Düsseldorf

Eines der schockierendsten Gewaltverbrechen der jüngeren Wirtschaftsgeschichte in Deutschland könnte doch noch aufgeklärt werden: Knapp vier Jahre nach dem Säure-Anschlag auf den damaligen Innogy-Manager Bernhard Günther hat die Polizei in der belgischen Provinz Limburg einen 41-Jährigen vorläufig festgenommen.

Der Mann soll das Attentat mit verübt haben, teilten die Staatsanwaltschaft Wuppertal und die Polizei Düsseldorf am Freitag mit. Demnach passe seine DNA-Probe zu einer DNA-Spur vom Tatort. Die Behörden hatten den Verdächtigen per europäischem Haftbefehl gesucht und wollen ihn nun nach Deutschland ausliefern. Der Mann habe sich widerstandslos festnehmen lassen.

Zwei Vermummte hatten Günther an einem Sonntagmorgen im März 2018 in der Nähe seines Hauses in Haan bei Düsseldorf überfallen und ihm konzentrierte Säure ins Gesicht gegossen. Das langjährige Vorstandsmitglied der Energiekonzerne RWE und Innogy erlitt lebensgefährliche Verletzungen, lag einige Tage lang auf der Intensivstation.

Günther vermutet, dass die Tat mit seinem Beruf zu tun habe. Es habe damals ein Machtvakuum und "jede Menge Gerüchte" gegeben, sowohl um den Chefposten als auch um einen möglichen Verkauf von Innogy, sagte der heute 54-Jährige im SZ-Interview. "Vielleicht dachte jemand: Wenn man den Günther ausschaltet, dann könnte das für einen selbst interessante Optionen eröffnen." Er geht davon aus, dass hinter den Tätern weitere Mittelsmänner und ein Auftraggeber stehen.

Mit der Festnahme hofft der promovierte Ökonom, einer vollständigen Aufklärung näher gekommen zu sein. "Unsere Beharrlichkeit zahlt sich aus", sagte Günther am Freitag. "Wir geben nicht auf."

Günther setzte private Ermittler auf seinen Fall an und zahlte dafür Hunderttausende Euro

Bislang verlief die Aufklärung zäh. Die Staatsanwaltschaft hatte die Ermittlungen Ende 2018 vorerst eingestellt. Danach setzte Günther private Ermittler auf seinen Fall an und zahlte dafür Hunderttausende Euro. Im Herbst 2019 war schon einmal ein Verdächtiger vorläufig festgenommen worden. Doch der inzwischen 34-Jährige kam nach wenigen Wochen wieder frei, da die Verdachtsmomente dem zuständigen Gericht nicht ausgereicht hatten.

Voriges Jahr versuchten es Günther und Innogy dann abermals mit einem Zeugenaufruf und einer Belohnung von 100 000 Euro. Seither haben sich die Hinweise auf den zweiten Verdächtigen verdichtet, neben den beiden Männern ermitteln die Behörden gegen zwei weitere Verdächtige. Die DNA-Spur sowie sichergestellte Beweismittel könnten nun die Wende in dem Fall bringen.

Günthers Anwalt Martin Meinberg bezeichnet den Einsatz der Polizei als überraschend und gut orchestriert. Dieser habe "für große Unruhe in den einschlägigen Kreisen gesorgt", so Meinberg. Wer etwas in dem Fall wisse, könne sich weiterhin an Günthers Anwälte wenden, die eigens eine Anlaufstelle für anonyme Hinweisgeber eingerichtet haben. Man werde auch künftig vertraulich mit entsprechenden Informationen umgehen, sagt Meinberg.

Günther selbst hatte sich nach dem Anschlag nur für wenige Wochen aus dem Berufsleben zurückgezogen. Mittlerweile ist der frühere Unternehmensberater Vorstandsmitglied des finnischen Energieversorgers Fortum, er gehört den Aufsichtsräten von Thyssenkrupp und dem Energiekonzern Uniper an. Er glaubt fest, dass ein entscheidender Hinweis auch noch nach vielen Jahren eingehen kann, das sagte er in jenem Interview. "Diese Hoffnung werden wir nie aufgeben", so der Manager. "Die Botschaft an alle Täter ist: Ihr könnt Euch nie sicher fühlen!"

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