Monsun in Indien:Wenn Krokodile auf Dächern stranden

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Kinder auf einem Motorrad halten einen umgedrehten Regenschirm über ihren Köpfen. Seit Wochen herrscht in Indien starker Monsunregen. (Foto: dpa)

Unwetter in Indien überfluten riesige Flächen, mehr als 220 Menschen sterben. Siedlungsbau und Abholzung haben den Monsun noch unbeherrschbarer gemacht.

Von Arne Perras, Singapur

Der Fluss Krishna im Süden Indiens gilt den Indern als heilig, Hindus tauchen gerne in sein Wasser ein - wenn sich der Strom nicht gerade in ein tosendes Ungeheuer verwandelt. In Zeiten des Monsuns lehrt der Fluss die Menschen das Fürchten. Und selbst die Krokodile, die hier leben, haben in solchen Stunden schwer zu kämpfen. Eines strandete gerade auf dem Wellblechdach eines überfluteten Hauses im Distrikt Belgaum, wie ein Video zeigt.

Zoologen empfehlen, möglichst großen Abstand zu Krokodilen zu halten, wo immer sie auftauchen, doch wer kann das schon steuern in Zeiten einer Flut, die Tier wie Mensch gleichermaßen mitreißt oder zur Flucht bewegt. Seltsame Begegnungen sind da nicht ausgeschlossen. Vor wenigen Wochen floh in Assam ein bengalischer Tiger aus dem überfluteten Nationalpark in eine menschliche Siedlung, äußerst ungewöhnlich für die scheuen Katzen. Weil es ihm zu nass geworden war, suchte er Zuflucht im Bett eines Hauses, die Bewohner waren glücklicherweise nicht zu Hause, als der Besucher ruhte.

Ein Krokodil strandete während der Regenfälle auf dem Wellblechdach eines überfluteten Hauses im Distrikt Belgaum. (Foto: ANI via REUTERS)

Krokodile werden in Zeiten der Überschwemmungen weitaus häufiger gesichtet als Tiger. Und Wildtierexperten warnen, dass die Echsen in solchen Momenten noch gefährlicher sein können als gewöhnlich. Dennoch gelten sie nur als marginales Problem angesichts all der anderen Risiken, die der Regen in Indien mit sich bringt. Riesige Flächen stehen unter Wasser, Hilfe für entlegene Gebiete ist kompliziert, Rettungsmannschaften sind überfordert. Schon mehr als 220 Menschen sind gestorben. Bilder zeigen den Krishna mancherorts als einen tosenden Strom, an anderen Stellen sind riesige Überflutungsflächen zu sehen, ein braunes Meer, aus dem nur noch die Spitzen der Dächer herausragen.

Schwere Gewitter erhöhen die Risiken, Blitze fordern Todesopfer, genauso wie Erdrutsche in den Bergen des Himalaya. In den Hanglagen rächt sich nun oftmals die rabiate Abholzung und der unkontrollierte Siedlungsbau, solche Fehler machen den Monsun noch unbeherrschbarer. Am schlimmsten ist die Lage in Kerala, wo mindestens 80 Menschen starben. Aber auch Kaschmir, Uttarakhand, Karnataka, Maharashtra und Gujarat sind schwer betroffen, Hunderttausende Menschen fliehen vor dem Wasser.

Und manche überleben nur, weil jedes indische Dorf seine Helden hervorbringt: In Devipura heißt er Govind Chavda. Ein Foto zeigt den Polizeisubinspektor mit dem Schnauzer, wie er, das Wasser bis zum Hals, eine grüne Waschschüssel auf dem Kopf balanciert. Darin ist nur ein buntes Bündel zu sehen, ein kleines Mädchen, gehüllt in Tücher. Es ist gerade mal 45 Tage alt und muss schon die erste große Probe seines Lebens bestehen. Zum Glück ganz ohne Krokodil.

© SZ vom 14.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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