Gebäck:Croissant + Cookie = Crookie

Lesezeit: 2 min

Croissant mit Keksteig? Irgendwie ein krummes Ding. (Foto: Thomas Samson/AFP)

Ein Pariser Bäcker paart zwei Gebäcksorten miteinander, und fertig ist das neue Trend-Hörnchen, für das die Leute Schlange stehen. Über die seltsame Lust, Speisen und überhaupt alles Mögliche zu verpanschen.

Von Titus Arnu

Menschen haben eine große Vorliebe für Mischwesen. Das war schon in der Antike so. Die Namen der damaligen Fantasiegestalten: Minotauros, Zentaur, Sphinx - heute heißen sie Schnoodle, Puggle oder Bernedoodle und sind höchst real: Kreuzungen aus Schnauzer und Pudel, Mops und Beagle oder Berner Sennenhund und Pudel, die angeblich die Vorzüge der jeweiligen Rassen verbinden. Ein ähnlicher Crossover-Trend ist auf dem Automarkt zu beobachten: Klein- und Geländewagen werden zum Fiat Panda Cross oder Opel Mokka verschmolzen, Sportwagen und Familienkombi zur Sportlimousine. Die gleiche Schnapsidee liegt Hybrid-Getränken wie Erdbeer-Frappuccino, Matchatee-Latte und Irish Coffee zugrunde: Wenn die Einzelbestandteile super sind, muss das Gesamtergebnis ja wohl mega sein! Ob Frappé, Erdbeeren und Cappuccino, Matchatee und Milchschaum, Kaffee, Whisky und Sahne wirklich füreinander geschaffen sind oder eher zu einer geschmacklich fragwürdigen Zwangsheirat verdonnert wurden, ist kritisch zu hinterfragen.

Auch auf dem Gebiet der festen Speisen rufen Promenadenmischungen aus bewährten Produkten gemischte Gefühle hervor. Warum sollte man zum Beispiel das Croissant verändern, eines der Nationalheiligtümer Frankreichs? Für das Originalrezept benötigt man Mehl, Butter, Zucker, Milch, Hefe, Salz und Ei - plus jede Menge Geduld und Geschick. Food-Fundamentalisten weisen darauf hin, dass man für das perfekte Plundergebäck mindestens 14 Arbeitsschritte braucht, die sich über drei Tage erstrecken, außerdem Eiswasser, verschiedene Auswalztechniken und drei "Teig-Touren".

Eigentlich eine abgerundete Sache, so ein klassisches Croissant, aber könnte man da nicht noch etwas Leckeres hineinmendeln? Man kann. Der Pariser Bäcker Stéphane Louvard hat "Le Crookie" kreiert, eine Kreuzung aus Croissant und Cookie. In seiner Bäckerei in der Rue de Châteaudun hatte er gerade eine ganze Ladung Croissants fertiggestellt, als er beschloss, "etwas Spaß zu haben", wie er der BBC sagte. Er schnitt die Hörnchen durch, füllte sie mit Schoko-Cookie-Teig und schob sie noch mal in den Ofen, bis der Keksteig gar, aber noch weich war. Die Crookies gingen auf Anhieb weg wie warme Semmeln, für 5,90 Euro das Stück.

Stéphane Louvard mit seinem Trend-Gebäck, das er erfunden hat, weil er "Spaß haben" wollte. (Foto: Thomas Samson/AFP)

An normalen Tagen verkauft Louvard bis zu 2000 Exemplare. Der gebogene Zwitter-Zwieback sorgt mittlerweile auch über Paris hinaus für großes Hallo, weil die krosse Kreuzung auf Social Media krass trendet, wie es heißt. Nachdem der Crookie die französische Croissant-Kapitale im Sturm erobert hatte, kopierten trendbewusste Bäcker in New York das Kekshörnchen. Auch in Berlin gibt es schon Crookies zu kaufen.

Der Hörnchen-Hype könnte allerdings ein vergänglicher sein. Andere einst angesagte Kipferlvarianten waren schnell wieder in Vergessenheit geraten, zum Beispiel der Cruffin (Croissant/Muffin), der Croffle (Croissant/Waffel), der Cragel (Croissant/Bagel), das Brezant (Laugenbreze/Croissant) - und natürlich der Cronut, ein Donut aus Croissant-Teig. Vor zehn Jahren standen schon im Morgengrauen Hunderte Trendhungrige vor der Bäckerei von Dominique Ansel in Soho an, alle wollten einen Cronut ergattern, der vom Maître persönlich für sechs Dollar pro Stück eingetütet wurde. Die New Yorker Zeitungen erfanden damals den Begriff "Cronut-Craze" für den Run auf das ringförmige Plundergebäck. Der Wahnsinn ist längst abgekühlt und abgeschlafft - wie ein ofenfrisches Croissant, das man zu schnell in die Tüte gesteckt hat. Mal schauen, wie lange beim Crookie noch alles in Butter ist.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusSchummel-Weltmeister
:Elf Rekorde, die Österreich erfunden hat

Das schnitzelförmige Land verfügt angeblich über die lautesten Fußballfans, das älteste Tortenrezept - und offensichtlich auch den größten Minderwertigkeitskomplex. Ein Faktencheck.

Von Titus Arnu

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: