Tod bei Filmdreh:Anklage erhebt schwere Vorwürfe gegen Alec Baldwin

Tod bei Filmdreh: Schauspieler Alec Baldwin im Oktober 2021 am Filmset von "Rust", wo sich der tödliche Unfall ereignete.

Schauspieler Alec Baldwin im Oktober 2021 am Filmset von "Rust", wo sich der tödliche Unfall ereignete.

(Foto: -/AFP)

Die Staatsanwaltschaft im US-Bundesstaat New Mexico beschuldigt den Hollywood-Schauspieler, direkt verantwortlich für den Tod der Kamerafrau Halyna Hutchins zu sein. Es drohen ihm mindestens fünf Jahre Gefängnis.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Die Vorwürfe gegen Alec Baldwin sind heftig: Es ist seit einigen Wochen bekannt, dass sich der Schauspieler wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht würde verantworten müssen; am Dienstag hat die Staatsanwaltschaft im US-Bundesstaat New Mexico offiziell Klage eingereicht. In der Anklageschrift, die der SZ vorliegt, heißt es, dass Baldwin und Waffenmeisterin Hannah Gutierrez-Reed direkt verantwortlich seien für den Tod der Kamerafrau Halyna Hutchins während der Dreharbeiten zum Film "Rust". Die Gesetzgebung in New Mexico sieht bei einer Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung verpflichtend eine Gefängnisstrafe von fünf Jahren vor. Vor ein paar Wochen hatte es noch geheißen, die Staatsanwaltschaft wolle bei einem Prozess den Geschworenen die Möglichkeit geben, das Höchstmaß der Strafe auf 18 Monate festzulegen; das ist nun offenbar vom Tisch.

Hutchins war bei den Dreharbeiten auf einer Filmranch bei Santa Fe im Oktober 2021 tödlich verletzt worden. Baldwin, sowohl Hauptdarsteller als auch Produzent des Films, hatte eine Waffe bei einer Probe für eine Szene bedient, als sich ein Schuss löste. Regisseur Joel Souza wurde bei dem Vorfall von dem Projektil an der Schulter getroffen und verletzt. Untersuchungen ergaben, dass in der Waffe eine echte Kugel steckte. Matthew Hutchins, Ehemann des Opfers, hatte Baldwin verklagt (es gab eine außergerichtliche Einigung) und gesagt: "Der Gedanke, dass die Person, die die Pistole in der Hand hielt, nicht verantwortlich sein soll, erscheint mir absurd."

Das ist auch die Lesart der Staatsanwaltschaft. "Es liegen Beweise vor, dass es allein am Tag des Unglücks ein Dutzend leichtsinniger oder rücksichtloser Handlungen gab, in der Zeit vor dem Mittagessen und zum Zeitpunkt der Schüsse", heißt es in einem Statement der Staatsanwaltschaft: "Baldwin handelte unter vorsätzlicher Missachtung der Sicherheit anderer, und er handelte in einer Weise, die andere gefährdete."

Konkret: Er habe das vorgeschriebene Waffentraining vor Beginn der Dreharbeiten nicht absolviert; beim Sicherheitstraining auf der Ranch während des Drehs habe er sich von seinem Telefon ablenken lassen. Er habe die üblichen Sicherheitschecks mit der Waffenmeisterin nur unzureichend absolviert und eine der wichtigsten Regeln missachtet: Nie auf Menschen zielen, selbst wenn man glaubt, dass die Waffe nicht geladen ist - oder einen jemand dazu auffordert.

Staatsanwaltschaft wirft Baldwin widersprüchliche Aussagen vor

Die Staatsanwaltschaft wirft Baldwin zusätzlich vor, widersprüchliche Aussagen zum Hergang gemacht zu haben. Er hatte Ermittlern zunächst gesagt, er habe die Waffe abgefeuert; später sagte er in Interviews, er habe den Abzug nicht betätigt. Es gibt Fotos und Videos, auf denen zu sehen ist, wie der Finger von Baldwin auf dem Abzug liegt, eine forensische Untersuchung der Bundesbehörde FBI hatte ergeben, ohne das Zutun von Baldwin habe sich unmöglich ein Schuss lösen können. Die Ermittlungen, so die Staatsanwaltschaft, hätten gezeigt, dass Baldwins Finger am Abzug gewesen sei - und dass er den Abzug auch betätigt habe.

Die Staatsanwaltschaft bezweifelt zudem die Aussage Baldwins, der zufolge er die Waffe von Regieassistent David Halls bekommen und der ihm durch den Begriff "Cold Gun" versichert habe, dass keine scharfe Munition drin sei. Halls sagt, dass Baldwin die Waffe von Gutierrez-Reed bekommen und die ihm versichert habe: "Cold Gun". Auch das wäre eine grobe Verletzung von Sicherheitsstandards, laut denen Gutierrez-Reed sowohl Baldwin als auch Halls hätte demonstrieren müssen, dass ausschließlich Platzpatronen in der Waffe sind; Baldwin und Halls hätten darauf bestehen müssen, sich das so zeigen zu lassen. Halls hat sich bereits wegen fahrlässiger Handhabung einer Waffe schuldig bekannt. Er könnte nach Zustimmung des Richters mit einer Bewährungsstrafe davonkommen.

Auf SZ-Anfrage hieß es von Baldwins Anwaltskanzlei, er wolle sich aktuell nicht zu den Vorwürfen äußern. Im Januar hatte sein Anwalt Luke Nikas gesagt, sein Mandant habe nicht wissen können, dass sich scharfe Munition am Set oder in der Waffe befinden könnte; er habe sich auf die Mitarbeiter verlassen: "Wir werden uns gegen die Vorwürfe wehren und sie entkräften." In einem Statement der Anwälte von Gutierrez-Reed heißt es, dass ihre Mandantin bei den Dreharbeiten wiederholt nach zusätzlichen Trainingseinheiten verlangt und auch gefordert habe, bei Proben keine echte Waffe zu verwenden: "Sie wurde jedoch ignoriert. Sie hätte diese Tragödie verhindert, wenn sie die Waffe inspiziert hätte. Wir rechnen fest damit, dass die Geschworenen sie freisprechen werden."

Es wird nun eine Anhörung geben; gewöhnlich innerhalb von zwei Monaten. Danach wird ein Richter entscheiden, ob es zu einer Gerichtsverhandlung kommen wird.

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