Zoll in München:Von Schwarzarbeitern und getrockneten Seepferdchen

Lesezeit: 2 min

Verstoß gegen den Artenschutz: Dutzende getrocknete Seepferdchen wurden bei einer Durchsuchung am Münchner Flughafen sichergestellt. (Foto: Zoll)

Vor allem illegale Online-Bestellungen und betrügerische Arbeitgeber beschäftigen den Zoll in München. Vergangenes Jahr führte das zu 120 Festnahmen und 2200 Strafverfahren.

Von Julian Hans

In einer großen Durchsuchungsaktion haben Zoll und Polizei am Montag mehrere Sicherheits- und Reinigungsfirmen durchsucht. "Mit mehr als hundert Kräften wurden in Bayern und Baden-Württemberg 70 Durchsuchungsbeschlüsse vollzogen", sagte die Sprecherin des Hauptzollamts Rosenheim, Patrizia Kaiser, am Dienstag. Der Schwerpunkt der Aktion lag in München und Umgebung. Hier wurden Wohn- und Geschäftsräume der Beschuldigten sowie von deren Auftraggebern, Steuerberatern und Subunternehmern besucht.

Elf Personen werden verdächtigt, ihre Mitarbeiter schwarz beschäftigt und mit erfundenen Subunternehmern Scheinrechnungen ausgestellt zu haben. Die Polizei schätzt den Schaden für Steuerkasse und Sozialversicherung auf mehrere Millionen. Der Fall war im Herbst ins Rollen gekommen, da einer der angeblichen Subunternehmer gegen seine Geschäftspartner ausgesagt hatte. Weil der Ansatzpunkt in Rosenheim lag, führte das dortige Hauptzollamt auch die Ermittlungen gegen die Münchner Firmen.

Schwarzarbeit
:Wieder Kontrolle auf BMW-Baustelle

Zollfahnder und Polizeibeamte durchkämmen das Gelände, auf dem das Forschungs- und Innovationszentrum des Autobauers entsteht, um nach illegal beschäftigten Arbeitern zu suchen. Es ist bereits die dritte Aktion.

Von Thomas Anlauf

Das Hauptzollamt München hat am Dienstag seine Bilanz für das gesamte vergangene Jahr vorgestellt. 1000 Arbeitgeber aus allen Branchen wurden überprüft, mehr als 120 Personen festgenommen. Aus den Ermittlungen ergaben sich 2200 Strafverfahren, in denen Freiheitsstrafen von insgesamt 54 Jahren sowie Geldstrafen verhängt wurden. Das Münchner Hauptzollamt beziffert die Schadenssumme der ermittelten Fälle auf insgesamt mehr als zwölf Millionen Euro. "Die Schwarzarbeit ist nach wie vor hoch", sagt Thomas Meister, der Sprecher des Hauptzollamts München. Besonders betroffen seien der Bau und die Gastronomie.

Seit Jahren wächst außerdem der Strom der Waren, die per Internet im Ausland bestellt werden. Sie werden zentral im Zollamt Garching-Hochbrück bearbeitet. 2018 waren es etwa 55 000 Postsendungen, die sich die Münchner aus Ländern schicken ließen, die nicht zur EU gehören. Das sind noch einmal zehn Prozent mehr als im Vorjahr. Viele dächten, sie könnten im Internet ein Schnäppchen machen, wenn sie etwa Markenartikel aus Fernost billiger erwerben, sagt Meister. Erweisen sich die Produkte aber als Fälschungen, gibt der Zoll sie nicht heraus, und ihr Geld bekommen die Kunden meist nicht zurück. Im schlimmsten Fall könnten solche vermeintlichen Schnäppchen sogar gefährlich sein, warnt der Zoll-Sprecher: "Eine Kettensäge aus China sieht vielleicht aus wie das Original, aber dann fehlt möglicherweise eine Sicherheitsfunktion, die in Deutschland vorgeschrieben ist".

Die Drogenfunde sind derweil stark zurückgegangen. 262 Kilo stellten die Beamten 2018 in München sicher. Im Vorjahr waren es noch ganze 950 Kilogramm gewesen. Es kam vor allem weniger Kath am Flughafen an. Die Blätter des Kathstrauches müssen frisch sein, damit sie beim Kauen ihre berauschende Wirkung entfalten, daher läuft der Schmuggel aus den Anbaugebieten in Afrika fast ausschließlich per Flugzeug. Dass sie im vergangenen Jahr deutlich weniger sicherstellen konnten, führen die Experten darauf zurück, dass sich die Schmuggler nach einigen großen Funden 2017 neue Routen gesucht haben. Konsumiert wird die Pflanze fast ausschließlich von Einwanderern, die sie aus ihrer Heimat kennen.

In 78 Fällen stellten die Zollbeamten Verstöße gegen den Artenschutz fest. Gefunden wurden unter anderem ein Bärenschädel, das Fell eines Polarwolfs und mehrere Dutzend getrocknete Seepferdchen aus Vietnam. Die Riesenkrabbenspinne, die bei einer Kontrolle im Rucksack eines Australien-Reisenden gefunden wurde, war kein Schmuggelgut. Sie hatte sich als blinder Passagier ins Gepäck geschlichen.

© SZ vom 27.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: