Null Acht Neun:Weißwurst auf Ex

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Dem Zoll am Flughafen geht so manch exotischer Fang ins Netz. Aber auch Münchner im Ausland erleben manchmal ihr blaues Wunder, wenn sie mit hiesigen Spezialitäten einzureisen versuchen.

Von Andreas Schubert

Dem Zoll am Münchner Flughafen geht so manch Seltsames ins Netz. Der Fang dieser Woche war nicht etwa ein schnödes Packerl Koks oder ein paar gefakte Rolex, sondern zwei ganze gebratene Antilopen, die eine Frau aus Ghana im Gepäck hatte. Ein außergewöhnlicher Fund, befand der Zoll, in dessen Asservatenkammer sich allerlei Exotisches und vor allem Geschmackloses befindet - vom Schnaps mit eingelegter Kobra bis hin zum Elefantenfuß-Schirmständer.

Zu ihrem Unverständnis blieb der Frau allerdings die Brettljause im Kreise ihrer Lieben verwehrt. Weil die Einfuhr verboten ist, wurde der kalte Braten nicht wie geplant verputzt, sondern weggeworfen, der Seuchenschutz schreibt's vor. Auch mit dem Argument, es handle sich um eine Delikatesse, kam die Frau nicht durch. Schade drum, denn - Vegetarier jetzt mal kurz die Augen zu - so eine Antilope schmeckt in der Tat ganz vorzüglich und ist in manchen Gegenden Afrikas genauso beliebt wie in hiesigen Breiten die Weißwurst.

Doch die ist auch nicht grenzenlos gern gesehen. Als Erna, eine schon etwas ältere Bekannte, einmal ihre Verwandten in den USA besuchte, wollte sie ihnen etwas Gutes tun und ihnen echte bayerische Weißwürste mitbringen. Ein Dutzend davon hatte sie im Gepäck, als der amerikanische Zollmensch "No" sagte und mit dem Finger auf die Mülltonne deutete. Das brachte Erna nicht übers Herz. Sie zuzelte sämtliche Weißwürste eine nach der anderen kalt in sich hinein - ohne Senf, ohne Weißbier - und verließ den Flughafen mit einem bleischweren Magen - wobei das Gefühl der Genugtuung, Essen gerettet und es dem kulinarisch so ignoranten Ami gezeigt zu haben, ihre Übelkeit überwog. Erna erzählt die Story von der weißen Wurst oft, gerne und so bildhaft, dass man als bloßer Zuhörer hinterher einen Magenbitter braucht. Ob es den Leuten am US-Zollschalter weiland vom Zuschauen schlecht wurde, hat Erna nie erfahren. Es war ihr aber auch ziemlich wurscht.

Man kann nur mutmaßen, dass die Ghanaerin noch nichts vom Prinzip des Essenrettens gehört hat, oder dass sie schon Antilope zum Frühstück hatte. Das ist der Meldung der Münchner Zollbeamten nicht zu entnehmen. Auch nicht, ob es ihnen den Magen umgedreht hätte, hätte die Frau ihre Mitbringsel vor ihren Augen abgefieselt. Man stellt sich aber gerne vor, wie sie hinterher zur Beruhigung einen Schnaps kippen. Das Zeug, das sie in ihrem Kammerl stehen haben, soll ja angeblich Wunder wirken.

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