Freizeit im Oberland:Ausgesurft

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Die Welle in Wolfratshausen wird nicht gebaut, der Stadtrat hatte das Projekt aus finanziellen Gründen im Juni endgültig gekippt. Nun kündigt auch der Verein, der das Projekt seit neun Jahren forciert hatte, seine Auflösung an. Spenden werden rückabgewickelt.

Von Claudia Koestler, Wolfratshausen

"Ich habe mich lange verwehrt, den "das-wird-doch-eh-nix-in-Wolfratshausen"-Unkenrufen zu lauschen, die einem so manches Mal ins Ohr geflüstert wurden." Aber: "Jetzt stehen wir mitsamt einer riesigen Support-Community mit leeren Händen da - und Wolfratshausen hat (s)eine Chance verpasst." Dieses Resümee zieht Jan Görner vom Vorstand des Vereins Surfing Wolfratshausen in einer Pressemeldung am Montag, in der zugleich das Ende der Gruppierung angekündigt wird: "Der Verein verabschiedet sich damit aus dem aktiven Stadtleben mit einem großen Dankeschön an alle Unterstützer der Surfwelle", erklärt die Erste Vorsitzende Stefanie Kastner. Es sei "eine tolle und beeindruckende Erfahrung für uns alle" gewesen, "mit wie viel Freude und Motivation die Vereinsarbeit von so vielen Menschen ehrenamtlich unterstützt wurde." Ihr offizielles Fazit für den Verein: "Mehr konnten wir beim besten Willen nicht geben."

In der Wolfratshauser Stadtratssitzung vom 28. Juni hatte das Gremium einstimmig beschlossen, das Projekt Surfwelle zu beenden. Die Idee, in einem Seitenarm der Loisach eine Welle zu bauen, sei seit 2013 verfolgt und durch großes bürgerschaftliches Engagement getragen und weiterentwickelt worden, erklärt die Stadt Wolfratshausen ihrerseits. Doch die jüngsten Entwicklungen aufgrund der Corona-Pandemie und auch des Ukraine-Krieges zeigten massive Auswirkungen auf Rohstoffe, Lieferketten und -fristen und führten zu einer überproportionalen Preissteigerung des Projektes. "Das finanzielle Risiko für die Stadt ist dadurch zu groß", heißt es seitens der Stadt. Nach seiner Sitzung hob der Stadtrat sämtliche Beschlüsse im Zusammenhang mit dem Bau der Welle auf.

Immer wieder war es in den vergangenen Jahren zu Verzögerungen, unerwarteten Kostensteigerungen und Finanzierungslücken gekommen, die das Projekt ein ums andere Mal vors Aus gestellt hatten. "Jedes Mal konnten durch das Engagement des Vereins und seiner zahlreichen Unterstützer*innen sowie durch kreative Ideen der Stakeholder viele kritischen Phasen überwunden werden", erinnern die Sprecher von Surfing Wolfratshausen. So wurde beispielsweise im Dezember 2019 durch eine von Tilo Scheck ins Leben gerufene Spendenaktion innerhalb von nur zehn Tagen eine Spendensumme von über 63 000 Euro erzielt - und damit die erste maßgebliche Finanzierungslücke überwunden. Im Laufe der Jahre hat der Verein insgesamt ein Spendenvolumen von über 135 000 Euro eingesammelt. Zusätzlich hatte der Vorstand gegenüber der Stadt eine Refinanzierung der Kosten für die Wellenkonstruktion und der Baukosten in Höhe von über 350 000 Euro zugesagt. Als im Februar 2022 die Kosten für die Wellenkonstruktion um über 142 000 Euro höher kalkuliert werden mussten, habe der Vorstand keine Möglichkeiten mehr gesehen, weitere Zahlungsverpflichtungen zu übernehmen oder anderweitig Gelder aufzutreiben.

Dass der Wolfratshauser Stadtrat daraufhin eine Weiterführung des Projekts abgelehnt hat, ist für Kastner nachvollziehbar. "So bitter es ist, hätte man bei Weiterverfolgung des Projekts aufgrund der aktuellen Wirtschaftskrise weitere erhebliche finanzielle Mittel bereitstellen müssen." Dass der Stadtrat diesen Schritt nicht gehen wollte, müsse man jetzt akzeptieren.

Wolfratshausens Bürgermeister Klaus Heilinglechner (Bürgervereinigung) zollt den Aktiven großes Lob: "Das große bürgerschaftliche Engagement durch den Ideengeber und geplanten Betreiber Surfing Wolfratshausen hat eine große Welle der Begeisterung nach Wolfratshausen gebracht." Der Verein mit seiner Vorstandschaft habe sich in außerordentlicher Weise für das Projekt eingesetzt, und dabei "große Professionalität, Kreativität, Verlässlichkeit und Durchhaltevermögen gezeigt." Er dankt im Namen der Stadt allen Unterstützern, Mitwirkenden und Beteiligten: "Viel wurde gemeinsam erreicht, manchmal mussten Hindernisse überwunden oder Brücken geschlagen werden. Es wurde viel kommuniziert, auch gelacht und gefeiert." Wenn schon keine surfbare Welle entstehe, dann bleibe vielleicht dennoch eine Welle der Begeisterung: "Ein toller Spirit kam in die Stadt", so Heilinglechner. "Hoffentlich können wir uns etwas davon bewahren." Mittlerweile wurden allerdings bereits die Fördermittel aus dem EU-Programm Leader zurückgegeben, erklärt der Rathauschef. Das Programm unterstützt regionale Entwicklungskonzepte.

Spenden werden rückabgewickelt - oder weitergereicht

Auch die Rückabwicklung der bereits gezahlten Spenden läuft nach Angaben des Vereins demnächst an. Alle Unterstützer, die über das Crowdfunding der Raiffeisenbank Isar-Loisachtal oder über die Spendenplattform Betterplace gespendet haben, würden demnächst von der Stadt respektive Betterplace kontaktiert und über den Rückzahlungsprozess informiert. Jeder Spender könne entscheiden, ob er seine Zahlung zurückbekommen möchte oder ob diese an die "Stiftung für Kinder und Jugendliche in Geretsried/Wolfratshausen" weitergereicht werden darf. Die nicht zurückgeforderten Spenden werden laut Verein von der genannten Stiftung insbesondere für Projekte der "Roll Active Initiative" (RAI) eingesetzt werden. Die RAI ist eine Jugendinitiative unter dem Dachverband des Kinder- und Jugendfördervereins und kümmert sich unter anderem um die Instandhaltung des Skateparks in Waldram. Wer seine Spende direkt an den Verein überwiesen hat und auf die Rückzahlung zugunsten der Stiftung verzichten möchte, sollte sich spätestens bis Ende August bei dem Verein melden ( info@surfing-wolfratshausen.de). Andernfalls werden alle Spenden vom Verein automatisch zurückerstattet.

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