Geduld und Beharrlichkeit gehören zu den Tugenden der Surfer. Schließlich müssen sie oft lange auf ihrem Brett liegend auf die richtige Welle warten, die sie dann möglichst bis zum Strand reiten wollen, um erneut über die Brandung hinaus zu paddeln und der nächsten guten Woge zu harren. So kann man es zumindest am Meer beobachten. Beim "River Surfing", etwa am Münchner Eisbach, ist das freilich anders: Die Welle ist immer da, die Surfer können sie reiten, bis sie das Gleichgewicht verlieren oder der nächste dran ist. Den Mitgliedern des Vereins "River Surfing Wolfratshausen" mangelt es dennoch nicht an den alten Surfertugenden. Schließlich planen sie seit ziemlich genau acht Jahren eine stehende Surfwelle auf dem Kraftwerkskanal in Weidach und haben mit beachtlicher Beharrlichkeit bislang alle Widerstände überwunden.
Nachdem der Verein im Januar 2020 per Crowdfunding mit einer beachtlichen Spendenwelle die Finanzierungslücke schließen, den Eigenanteil an den Baukosten mehr als verdoppeln und das Projekt retten konnte, liegt nun die seit Langem erwartete wasserrechtliche Genehmigung für die Stahlkonstruktion an der Mündung zur Loisach vor. Bürgermeister Klaus Heilinglechner (Bürgervereinigung) sprach von einem "weiteren Meilenstein" für das Trendsportprojekt. Der Bescheid könnte die Brandung sein, die die Initiatoren endlich ans Ziel trägt. Denn eine weitere Baugenehmigung braucht es für die Konstruktion auf dem Kanal nicht.
Dennoch muss bis zum Bau noch ein wenig gepaddelt werden. Denn einerseits ist die wasserrechtliche Genehmigung mit Auflagen verknüpft, die eingehalten werden müssen. Andererseits wird das beauftragte Ingenieurbüro von Roland Hoepfner, das die bewegliche Stahlkonstruktion entwickelt hat, nun mit der Ausführungsplanung eine aktualisierte Kostenberechnung vorlegen müssen, bevor es an die Ausschreibung gehen kann. 800 000 Euro sollte die Welle laut Rechnung von 2019 kosten. Der kommunale Anteil ist per Stadtratsbeschluss auf 400 000 Euro gedeckelt, 180 000 Euro wurden davon schon für Planung und Gutachten ausgegeben. Aus dem EU-Programm Leader fließen 270 000 Euro, der Verein schießt 130 000 Euro zu. Viel Spielraum gibt es demnach nicht.
Bei "Surfing Wolfratshausen" ist man dennoch zuversichtlich. "Wir freuen uns natürlich riesig, dass es mit diesem tollen Projekt jetzt weitergeht", erklärt Initiatorin Stefanie Kastner auf der Website des Vereins. Und Vorstandsmitglied Jan Görner sagt auf Anfrage: "Wir sind froh, dass nun eine gewisse Planungssicherheit gegeben ist". Bei den Auflagen geht es darum, dass die Stahlkonstruktion, die ein Surfen bei nahezu jedem Wasserstand ermöglichen soll, Flora und Fauna im FFH-Gebiet nicht erheblich beeinträchtigen darf. Laut Heilinglechner handelt es sich im Wesentlichen um Forderungen des Fischschutzes, die der Bezirksfischereiverein Wolfratshausen eingebracht hat. So soll insbesondere die Laichtätigkeit des Huchen nicht gefährdet werden. Parallel zum Wellenbetrieb solle ein Monitoring zu der seltenen Fischart betrieben werden, im Kanal seien Messlatten zur Überprüfung des Wasserstands vorgesehen, damit vom Kraftwerk nicht zuviel abfließe. Das müsse nun in Ausführungsplanung und Betreiberkonzept eingearbeitet werden. Görner kennt die Details noch nicht. "Wir werden auf die lokal ansässigen Fischer zugehen und schauen, wo die Schmerzpunkte sind", sagt er jedoch. Und Kastner erklärt, dass man sich "selbstverständlich" an die Auflagen halten werde. "Der Schutz der Natur und ein positives Miteinander haben für uns seit jeher einen hohen Stellenwert."
Das Vereinskonzept sieht vier Betriebstage pro Woche mit Aufsicht vor, von Donnerstag bis Sonntag. Eine stetig laufende Welle wie am Eisbach "wäre Chaos und würde nur zu Frust führen", sagt Görner. "Und wir wollen auch ein klares Zeichen an die Anwohner setzen: Es werden nicht dauernd Surfer rumfahren und nach Parkplätzen suchen." An den Betriebstagen sollen Wassersportler jeweils Slots von etwa eineinhalb bis zwei Stunden buchen können, über ein Online-Tool. "Das ist das Sinnvollste, um möglichst viele Surfer glücklich zu machen und als Verein auch Jugendarbeit betreiben zu können", sagt Görner. Zeiten und Preise würden noch festgelegt. Mitglieder sollen einen vergünstigten Tarif erhalten, Tagesgäste, die nicht im Verein sind, etwas mehr fürs Surfen zahlen. Fürs Betriebssystem habe man sich auch mit anderen Surfprojekten ausgetauscht, sagt Görner. "Wir haben so kalkuliert, dass sich die Betriebskosten decken werden."
Laut Heilinglechner wird das Ingenieurbüro nun die Ausführungsplanung erstellen und die Ausschreibung vorbereiten. "Das sollte theoretisch bis Sommer fertig sein", sagt er. Dann könne die Ausschreibung per Beschluss im Bauausschuss erfolgen. Die Leader-Regularien sehen für den zugesagten Zuschuss eigentlich strenge Zeitgrenzen vor. Bis zum 31. Dezember dieses Jahres, sagt Heilinglechner, müsse demnach alles abgerechnet sein. "Das wäre definitiv zu knapp." Man sei aber im Gespräch mit der Aktionsgruppe des Landkreises, damit der Welle mehr Zeit gewährt werde. Dem Verein sei schon signalisiert worden, dass Leader angesichts der Corona-Pandemie "großzügiger in der Auslegung der Fristen" sei, sagt Görner dazu.
Auch was die Kosten betrifft, macht er sich keine großen Sorgen. "Wir sind zuversichtlich, dass es im Rahmen bleibt", sagt Görner. "Und wenn es ihn leicht übersteigen sollte, werden wir wieder eine Lösung finden, um die Lücke auszugleichen." Mit seinen Vereinskollegen wünscht er sich, dass die Wolfratshauser Surfer nicht mehr allzu viel Geduld aufbringen müssen. "Wir hoffen, dass wir in einem Jahr auf der Welle stehen können."